Sherlock Holmes ist der legendärste Detektiv der Weltliteratur. Arthur Conan Doyles berühmte Romanfigur aus dem späten 19. Jahrhundert löste scheinbar unerklärliche Fälle mit Deduktion, Beobachtung und modernsten naturwissenschaftlichen Methoden. Er ist ein Vertreter eines rationalen Weltbildes, das im scharfen Gegensatz zum Aberglauben und zum Obskurantismus steht. Dieser rote Faden durchzieht auch Regisseur Guy Ritchies Holmes-Version, obwohl er aus dem tüftelnden Gelehrten zugleich einen viktorianischen Actionheld macht. Holmes und sein Freund Dr. Watson machen den dämonischen Ritualmörder Lord Blackwood dingfest. Doch nach Blackwoods Tod am Galgen scheint dieser mit schwarzer Magie seine Wiederauferstehung zu feiern und schürt im Volk die Hysterie. An der verwickelten Intrige sind ein Geheimbund und eine alte Bekannte von Holmes beteiligt.
Den Sehgewohnheiten einer jugendlichen Zielgruppe entsprechend, ist die Inszenierung temporeich
montiert, opulent ausgestattet, und mit augenzwinkernden kleinen Horrormomenten versehen. Die Intrige führt, ähnlich wie in angesagten Abenteuerkomödien à la
Das Vermächtnis der Tempelritter (National Treasure, Jon Turteltaub, USA 2004) zu einer ausufernden Schnitzeljagd. Der Gesamteindruck ist unterhaltsam, wirkt aber nicht zuletzt durch den dynamischen
Soundtrack hektisch und überladen. Die
computeranimierten Stadtpanoramen sind leider als solche zu erkennen.
Dennoch ist das Spektakel durchdacht, zeigt die Handlung vor dem Hintergrund der Modernisierung Londons die Absicht, eine bewegte Epoche zumindest oberflächlich zu beleuchten. Neben diesem historischen Zugang können im Unterricht das sorgsam ausgewählte Setting und die Figurendarstellung den Blick für filmische Ästhetik und Dramaturgie schulen. So findet der Showdown auf der monströsen Tower Bridge-Baustelle statt. Die Detektive entdecken Labors, in denen die Verschwörer die moderne Chemie zur Erzeugung von Elektrizität für umstürzlerische Zwecke einsetzen. Robert Downey Jr. verkörpert glaubhaft das egozentrische Genie Holmes und dessen faustische Zerrissenheit zwischen einem Vernunftmenschen und einem von Gefühlen getriebenen Kindskopf, der eifersüchtig die Verlobung seines Freundes Watson sabotiert. Holmes’ Aufdeckung des faulen Zaubers mit all seinen wissenschaftlichen, philosophischen und geschichtlichen Anspielungen lässt sich dank Ritchies anschaulicher Inszenierung leicht im Unterricht vertiefen. Da das Drehbuch nicht auf einer Geschichte von Arthur Canon Doyle beruht, bietet auch ein Vergleich zur literarischen Vorlage hinreichend Analysestoff.
Autor/in: Birgit Roschy, 27.01.2010
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