Manchmal flucht und zappelt Vincent. Er kann nicht anders, denn er leidet unter dem Tourette-Syndrom, einer neurologisch-psychiatrischen Erkrankung. Peinlich sind Vincents verbale und motorische Tics vor allem seinem Vater, einem ehrgeizigen Lokalpolitiker. Mitten im Wahlkampf stört der verhaltensauffällige Sohn das Image des Erfolgsmenschen und so schiebt er Vincent in eine Klinik ab. Dort trifft der junge Mann die magersüchtige Marie und den Zwangsneurotiker Alex. Zusammen nehmen die drei Reißaus und fahren in einem gestohlenem Wagen, verfolgt von Vincents Vater und einer Ärztin, nach Italien. Vincent will dort die Asche seiner kürzlich verstorbenen Mutter ins Meer streuen.
Eingebettet in ein klassisches Road-Movie erzählt
vincent will meer von einem Vater-Sohn-Konflikt und einer ungewöhnlichen Freundschaft. Dabei zeichnet sich der Film trotz seiner ernsthaften Thematik durch einen unverkrampften, liebevoll-humorvollen Umgang mit der Krankheit seiner Hauptfiguren aus. Das Drehbuch von Hauptdarsteller Florian David Fitz erscheint jedoch recht vorhersehbar und wirkt in der Charakterzeichnung, vor allem in Bezug auf Vater und Ärztin, oft stereotyp. Positiv fällt auf, dass keine Heilung der drei Figuren stattfindet. Vielmehr haben alle im Laufe der Reise gelernt, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen und sich (mehr oder weniger) in ihrer Besonderheit zu akzeptieren. Vincent gelingt zudem eine Ablösung vom dominanten Vater, was
vincent will meer auch als
Coming-of-Age-Film lesbar macht.
Der Film nimmt die Perspektive der Außenseiter/innen ein und stellt sie in den Mittelpunkt des Geschehens. Dabei kann man sich als Zuschauer/in gut mit den Figuren identifizieren, was ein guter Ausgangspunkt sein kann, um sich im Unterricht mit Vorurteilen zu befassen. Wie gehen wir mit Menschen um, die durch Aussehen oder Verhalten auffallen? Wie nehmen die Filmfiguren ihrerseits ihre soziale Umwelt wahr? Kritisch muss allerdings hinterfragt werden, wie im Film etwa Maries Magersucht dargestellt wird. Wenngleich sie gegen Ende lebensbedrohlich wird, wirkt Karoline Herfurth als Marie eher als ein ästhetisches Idealbild. Weder über ihre Krankheit noch etwa über Vincents Tourette-Syndrom erhält man ausreichende Informationen, so dass eine weitere Beschäftigung mit diesen Erkrankungen sinnvoll erscheint.
Autor/in: Kirsten Taylor, 16.04.2010
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