In Kinderfilmen und -büchern spielen Wünsche, Träume und Fantasiewelten eine zentrale Rolle: Ganz normalen Kindern geschieht auf wundersame Weise etwas Außergewöhnliches. Sie werden aus ihrem Alltag heraus gerissen, weil eine verborgene Tür oder ein Zauber in einen magischen Kosmos führt oder Hexen, Feen, Kobolde oder Außerirdische auftauchen. In dieser anderen Welt sind die Beschränkungen von Raum und Zeit aufgehoben, hier kann der Glaube Berge versetzen. Auf Erwachsene wirkt dieses Paralleluniversum unwirklich. Vor allem jüngere Kinder sind jedoch in ihm zu Hause.

Magisches Denken

Bis zum Erstlesealter von etwa acht Jahren beruht die Wahrnehmung von Kindern auf einem magischen Wirklichkeitsverständnis, das noch nicht beherrscht wird von den Gesetzen rationaler Erklärungsversuche. Im Erwachsenenalter bedienen wir uns – zumindest glauben wir das – meist der Logik und unseres Verstands, um die Welt und die Vorgänge in ihr zu verstehen. In der kindlichen Wahrnehmung vermischen sich jedoch innere Vorstellungen, Wunsch und Wirklichkeit. Erst danach beginnt ein Entwicklungsprozess, der eng an die Tendenz zur Versachlichung gebunden ist.

Wunsch und Kommerz

Doch Spuren des magischen Denkens bleiben uns meist auch in späteren Lebensphasen erhalten. Die Erinnerung und die Sehnsucht an die Welt der Kindheit, als das Wünschen noch geholfen hat, sind tief verwurzelt in unserer Psyche und unserer Kultur. Märchen, Mythen und Legenden greifen sie auf. Moderne Unternehmen vermarkten sie in Büchern, Comics, Filmen und versprechen Erfüllung durch den Erwerb von Produkten. Doch ungeachtet des kommerziellen Ausverkaufs liegt in der Kraft der Zauberwelten ein hohes Potenzial. Sehnsüchte, Ängste oder Allmachtträume gewinnen in ihnen Gestalt. Sie bilden den Fundus für Kreativität und erweitern – auch für Erwachsene – im Zusammenspiel mit reiferen, rationalen Einsichten, den Zugang zur Wirklichkeit.

Kraft des Wünschens

Diese Themenausgabe stellt drei Filme vor, die sich auf unterschiedliche Weise mit Wünschen, Träumen und Magie auseinandersetzen. Auf märchenhafte Motive greifen Zum Filmarchiv: "Das Geheimnis des Regenbogensteins" (Robert Rodriguez, USA 2009) und Zum Filmarchiv: "Lippels Traum" (Lars Büchel, Deutschland 2009) zurück. In Rodriguez' Film stürzt ein Wunschstein eine US-amerikanische Kleinstadt ins Chaos – wie im Märchen bildet hier der verantwortliche Umgang mit den eigenen Sehnsüchten ein zentrales Thema. In Zum Filmarchiv: "Lippels Traum" verwischen sich die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit: Aus seinen nächtlichen Abenteuern im Schlaf lernt der junge Protagonist, wie er die Herausforderungen in der wirklichen Welt meistern kann. Zum Filmarchiv: "Das große Rennen" (André F. Nebe, Irland, Deutschland 2009) bleibt hingegen ganz in der Realität verhaftet. Erzählt wird von der elfjährigen Mary, die unbedingt Rennfahrerin werden will. Die irische Alltagsgeschichte ist ein liebevolles Plädoyer dafür, sich seine Wünsche nicht ausreden zu lassen, egal, was andere dazu sagen. Denn sie besitzen eine große Kraft und das Potenzial, die Realität zu verändern – ein Aspekt, der auch für die filmpädagogische Auseinandersetzung von Bedeutung sein kann.