Ein dunkler Kasten mit einem kleinen Loch in der Vorderwand, mehr nicht. Die Ur-Kamera, Camera Obscura (lat. "dunkle Kammer") genannt, ist so simpel wie genial. In eindrucksvollem Kontrast zu diesem Grundprinzip der Kameratechnik steht die Komplexität ihrer Möglichkeiten, wie Axel Danielson und Maximilien van Aertryck in ihrem Film
And the King Said, What a Fantastic Machine! aufzeigen. Nach einem kurzen Abriss über die Evolution der Kameratechnik fokussiert sich ihr
Dokumentarfilm auf die gesellschaftliche Bedeutung des Mediums. Anhand zweier historischer Beispiele verdeutlichen sie das Ausmaß und auch die ideologische Bandbreite seiner Instrumentalisierung: So erklärt Leni Riefenstahl, die unter anderem 1935 den Film
Triumph des Willens über den Reichsparteitag der NSDAP realisiert hat, in einer
Szene inwieweit die fatale Breitenwirkung der NS-Propaganda (siehe dazu: Glossar
Propagandafilm)auch auf akribisch kalkulierter Kameraarbeit beruhte. Dem gegenübergestellt werden Aufnahmen, mit denen die Alliierten das Grauen von Auschwitz dokumentierten. Der darauffolgende Abschnitt widmet sich dem Siegeszug des Fernsehers in der Nachkriegszeit. Der letzte Teil des Films wirft schließlich die Frage auf, wie die heutige Allgegenwart von (Handy-)Kameras menschliches Verhalten beeinflusst und zeigt skurrile Beispiele aus dem Bilderfundus des Internets und der sozialen Medien.
Um das gigantische Spektrum (möglicher) Inhalte und Wirkungen von Kamerabildern abzubilden, kompilieren (siehe dazu: Glossar
Kompilationsfilm) die Filmemacher unzählige analoge und digitale Fotos und Videoclips – fast ausschließlich Archivmaterial (siehe dazu: Glossar
Found Footage). Ausschnitte aus historischen Filmdokumenten, TV-Shows und Livestreams mischen sich beispielsweise mit Polizeikamera-Footage, IS-Rekrutierungsvideos und Aufnahmen aus dem All. Die mitunter kontrastierende
Montage unterstreicht das Wechselspiel von Perspektiven, das hier zugleich Thema und Herangehensweise ist. Der Film behandelt das Erleben von Bildern, indem er Bilder erleben lässt. So macht etwa die Vielzahl der in schneller Taktung zusammengeschnittenen Fotografien und Clips die genannte Schwierigkeit, einzelnen Elementen Aufmerksamkeit zu widmen, unmittelbar erfahrbar. Der Einsatz von
Voiceover-Erklärungen wird dabei minimal gehalten. Nicht immer müssen die Bilder allerdings zu sehen sein, um ihre Wirkung vor Augen zu führen: So werden etwa gefilmte Reaktionen auf die berühmte Sterbeszene aus Disneys
Animationsfilm Der König der Löwen (
The Lion King, Roger Allers, Rob Minkoff, USA 1994) gezeigt, von der Szene selbst ist aber nur der dramatische
Score zu hören.
Über eine Analyse des Filmtitels lässt sich im Politik- oder Geschichtsunterricht zu der Frage überleiten, wie (herrschende) Ideologie ("the king") mithilfe des Mediums Kamera ("fantastic machine") transportiert wurde und wird. Wie generieren und stützen Kamerabilder heute Macht und Einfluss, zum Beispiel von Regierungen oder auch von sogenannten Influencer/-innen? Und wie können Bilder demgegenüber dazu eingesetzt werden, um Machtverhältnisse zu hinterfragen? Wie haben sich diese Möglichkeiten mit der Digitalisierung verändert? In diesem Zusammenhang ist auch die Frage interessant, welche Beispiele – insbesondere auch für historische Ereignisse – die Filmemacher heranziehen und welche Perspektive mit dieser Auswahl widergespiegelt wird. Gerade für Jugendliche ist der Film zudem eine Einladung, die eigene Mediennutzung kritisch zu betrachten. So kann diskutiert werden, was die "Macht der Bilder" für das eigene Verständnis von Realität und Identität bedeutet. Worauf müssen wir achten, wenn wir im Internet Bilder teilen und konsumieren? Das bewusste Gestalten des eigenen Social-Media-Auftritts könnte etwa im Sozialkundeunterricht angeknüpft werden. Auch die Diskussion über Themen wie Fake News, Deep Fake und Künstliche Intelligenz lässt sich in diesem Kontext anstoßen.
Arbeitsblatt zu And the King Said, What a Fantastic Machine!
Fächer: Ethik, Politik, Kunst, Geschichte, Projektunterricht, ab 9. Klasse, ab 14 Jahren
Vor der Filmsichtung:
a) Welche Assoziationen habt ihr zu dem Filmtitel
And the King Said, What a Fantastic Machine! ? Worum könnte es in dem
Dokumentarfilm gehen? Sammelt erste Annahmen im Plenum.
b) Schaut euch das Filmplakat an. Setzt das Filmplakat und den Filmtitel miteinander in Verbindung. Analysiert, welcher Zusammenhang zwischen Titel und Plakat besteht. Ändert das Filmplakat noch einmal eure Hypothesen zum möglichen Thema des Films?
Vorwissen aktivieren
c) Was wisst ihr über die Entstehung des Films und über die Filmgeschichte? Sammelt eure Erfahrungen zur Filmgeschichte in einem Zeitstrahl. Dabei geht es nicht um ganz exakte Jahresangaben, eher um eine ungefähre zeitliche Einordnung. Geht beispielsweise auf die Ausstrahlung des ersten Films, die Entwicklung von Ton- und Farbfilmen sowie die Verwendung digitaler Technik ein.
Während der Filmsichtung:
d) Achtet bei der Filmsichtung besonders darauf, welche Themen in
And the King Said, What a Fantastic Machine! behandelt werden und wie diese Themen miteinander in Verbindung stehen.
Nach der Filmsichtung:
e) Tauscht euch im Plenum darüber aus, was euch an dem Film besonders aufgefallen ist/was euch besonders in Erinnerung geblieben ist.
f) Überprüft eure Hypothesen zum Filmtitel, die ihr vor der Filmsichtung aufgestellt habt. Waren eure Vorschläge zutreffend? Wie würdet ihr das Thema des Films in einem Satz zusammenfassen?
g) In dem Dokumentarfilm wird das Geschehen nur selten über ein
Voiceover kommentiert. Mit welchen filmtechnischen Mitteln erfolgt in dem Film dennoch eine Wertung? Welche Positionen zum Thema "Medien" vermittelt der Film? Könnt ihr euch dieser Position anschließen?
Tragt die Themen, die im Film behandelt werden in einer
Mindmap zusammen.
Vertiefung
Entscheidet euch für 1 oder 2
1. Ein Erklärvideo zum Thema Film, Medien und Social Media drehen
1h) Reflektiert euren eigenen Medienkonsum: Überlegt, wie hoch euer Medienkonsum durchschnittlich pro Tag und pro Woche ist. Diskutiert, ob das viel oder wenig ist. Welche Position zum Thema Medienkonsum wird in
And The King Said, What a Fantastic Machine! deutlich?
1i) Dreht ein Erklärvideo zum Thema „Medien“. Bildet Kleingruppen. Verteilt die folgenden Themenbereiche auf die Gruppen:
1. Die Geschichte des (Kino-)Films
2. Das Videoportal
youtube.com
3. Die Social-Media-Plattform
tiktok.com
4. Die Social-Media-Plattform
instagram.com
Informiert in eurem Video-Tutorial über folgende Punkte:
• Geschichte des Mediums
• Chancen und Gefahren
• persönliche Bewertung
Arbeitshinweise
1. Ein Erklärvideo (Video-Tutorial) ist ein multimedialer kurzer Film zu einem Thema. Die Videos können über komplexe Themen aufklären, Wissen vermitteln oder eine Frage beantworten. Dabei bleiben die Inhalte besonders gut beim Empfänger im Gedächtnis.
2. Das Video sollte ungefähr zwei Minuten lang sein. Bei einer längeren Laufzeit sinkt die Aufmerksamkeit. Dann zeigt das Video nicht mehr die gewünschte Wirkung. Deshalb ist es wichtig, sich vorher genau zu überlegen, welche Informationen in dem Video vermittelt werden sollen. Recherchiert Informationen zu euren Themen und
erstellt anschließend eine Gliederung für die Informationen, die ihr in dem Video vermitteln wollt.
3. Überlegt, welche Hilfsmittel in Form von Figuren, Bildern, Pfeilen und Symbolen benötigt werden, um eure Erklärungen zu visualisieren. Malt die benötigten Symbole und Bilder auf weißes Papier oder Karton auf und schneidet sie anschließend aus. Ihr könnt auch auf vorbereiteten Schablonen zurückgreifen, die es im Internet gibt, z.B. bei
Adobe Stock.
4. Entwerft gemeinsam ein
Storyboard samt
Drehbuch mit den notwendigen Sprechtexten. Haltet dabei den groben Ablauf eures Videos in Bildern fest, schreibt als Gedächtnisstütze ein paar Stichworte und formuliert einen passenden Text, der dazu gesprochen wird.
5. Einigt euch innerhalb der Gruppe, wer welche Rolle übernimmt. Jede Rolle ist mit bestimmten Aufgaben verbunden, für die der- oder diejenige die Verantwortung übernimmt! (Kamera, Sprecher/-in, "Hand"-Animation). Einige Aufgaben könnt ihr natürlich gemeinsam erledigen.
6. Übt ausgehend von eurem Storyboard den Ablauf eures Erklärvideos ein. Es empfiehlt sich ein paar Probeaufnahmen zu machen. Für die finale Aufnahme des Tons solltet ihr in einen ruhigen Raum gehen. Kostenlose Geräusche und Töne bietet z.B. die Internetseiten www.salamisound.com oder in der
BBC Sound Bibliothek .
2. Ein Handyvideo drehen – Material für eine neue Raumsonde Voyager
2h) Am Ende des Films geht es um die Raumsonde Voyager, die 1977 ins All startete, um unser Sonnensystem und das Universum zu erkunden. Sie hat Bilder, Videos und Sounds gespeichert, um eventuelles Leben im Weltall zu grüßen und Informationen über das Leben auf unserem Planeten zu geben.
Stellt euch vor, ihr werdet gefragt, Material für eine neue Raumsonde Voyager beizusteuern. Erstellt in eurer Gruppe zehn Fotos und zwei kurze Videos von 30 Sekunden Länge und zwei Sounddateien von 30 Sekunden Länge von euch, mit denen ihr eventuell existierende Außerirdische über euch informieren möchtet.
Magische Illusionen – Eigene Video-Clips mit filmischen Tricks drehen
Medien können manipulieren oder Illusionen erzeugen. Schon sehr früh hat Georges Méliès Stop-Tricks in seinen
Filmen angewandt. Videos, die Tricks zeigen, sind sehr erfolgreich, wie z.B. die Clips von
Zach King oder auch die Videos vom deutschen Regisseur
Erik Schmitt.
2i) Dreht und schneidet mit eurer Handykamera unter dem Einsatz von filmischen Tricks ein Video, in dem ihr euch selbst und eure Lieblingsorte an eurer Schule vorstellt – sodass sich Außerirdische ein Bild von euch und eurer Schule machen können.
Geht folgendermaßen vor:
1. Wie macht man filmische Tricks? Schaut euch auf youtube.com und filmspielplatz.de Tutorials an, wie man filmische Tricks erzeugen kann.
Eine Anleitung für Perspektiv-Tricks,
Stop-Motion-Tricks, Umkehrtrick oder Cut-Out-Tricks gibt es auf der Seite von
filmspielplatz.de oder auf
youtube.com.
2. Überlegt euch in Kleingruppen, welches eure Lieblingsorte an der Schule sind, wo ihr euch und eure Schule in einem Clip vorstellen möchtet.
4. Entscheidet euch für zwei filmischen Tricks, die geeignet sind, um eure Lieblingsorte in der Schule zu präsentieren.
5. Verteilt die Aufgaben in eurem Filmteam. Wer übernimmt das Schauspiel, die Kamera, die Tricks, die Regie, die Regieassistenz? Ihr braucht dafür ein iPad oder ein Smartphone und eine App zum Schneiden, wie z.B. CapCut oder iMovie für das iPad.
6. Sind alle Vorbereitungen getroffen, könnt ihr loslegen, drehen und anschließend eure Videos schneiden.
Autor/in: Karin Jirsak (Filmbesprechung), Daniela Niklisch (Arbeitsblatt), 21.02.2024
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