Der Regisseur, Performer und Aktivist Christoph Schlingensief kommt 1960 in Oberhausen als Sohn eines Apothekers und einer Krankenschwester zur Welt. Die Eltern wünschten sich fünf weitere Kinder. Christoph blieb jedoch ein Einzelkind, das bereits in jungen Jahren Hauptmotiv der Zum Inhalt: Super-8-Filme des Vaters wurde. Schließlich griff der Junge selbst zur Kamera. Das Eltern-Sohn-Motiv findet sich später in zahlreichen seiner Arbeiten und Interviews. Seine cineastischen Gehversuche beschreibt Schlingensief in einem Interview als „positiven Dilettantismus“, der auch Dramen wie "Menü Total" kennzeichne. Der Film wurde 1986 bei der Berlinale im Internationalen Forum des jungen Films gezeigt und polarisierte das Publikum. Ab 1993 inszenierte Schlingensief selbst entwickelte Theaterstücke, später auch Opern wie Richard Wagners Parsifal in Bayreuth (2005-2008). 2008 verarbeitete er seine Lungenkrebserkrankung in interdisziplinären Formaten wie „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“. Zwei Jahre später erlag Schlingensief der Krankheit in Berlin.

Für ihren Porträtfilm montierte (Glossar: Zum Inhalt: Montage) Regisseurin Bettina Böhler Aufnahmen aus dem Privat-Archiv der Familie Schlingensief mit dokumentarischem Material (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) und Zum Inhalt: Szenen aus den Spielfilmen von Christoph Schlingensief. Die privaten Aufnahmen vermitteln, dass er lernte, sich vor und mit der väterlichen Kamera zu inszenieren. Böhler verzichtet auf Statements von Kollegen oder Angehörigen, zu Wort kommt ausschließlich Schlingensief selbst. Dabei wird ein roter Faden im Schaffen des Künstlers deutlich, der sich über die Jahrzehnte zog, beispielsweise das Aufbegehren gegen irrationale Autoritäten, festgefahrene Denkmuster und rechtsextreme Weltbilder. So gab er mit der politischen Aktion „Chance 2000“ Hartz-IV-Empfängern eine Stimme und deckte mit dem Projekt „Ausländer raus“ migrantenfeindliches Gedankengut in der sogenannten bürgerlichen Mitte auf. Als Theater-, Opern- und Film-Regisseur, Performer und bildender Künstler sprengte Schlingensief Zum Inhalt: Genre- und Gattungskonventionen und entwickelte eine Formsprache, die sich damals existierenden ästhetischen Kategorien entzog. Provokation als Selbstzweck verfolgte er dabei nicht.

Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien, Trailer (© Weltkino Filmverleih)

Im Deutsch-, Geschichts- und Kunstunterricht der Oberstufe könnte die „Deutschland-Trilogie“ Schlingensiefs, bestehend aus "100 Jahre Adolf Hitler" (D 1989), "Das deutsche Kettensägenmassaker" (D 1990) und "Terror 2000" (D 1992), thematisiert werden. In einer Mischung aus Satire, Kunst- und Splatter-Film werden rechtsextreme Tendenzen vor, während und nach der Wiedervereinigung Deutschlands deutlich gemacht und kritisiert. Im Zusammenhang dazu kann Schlingensiefs Selbsteinschätzung als „positiver Dilettant“ interpretiert werden, der auf eine gängige Zum Inhalt: Dramaturgie verzichtete. Filmpraktisch kann im Kunstunterricht die Form der Doppel- und Mehrfachbelichtung mit Super-8-Material erprobt werden, mit der Schlingensief seit den 1970er-Jahren experimentierte. Im Fach Darstellendes Spiel sollten Technik und Wirkung des stilisierten Schauspiels der frühen Filme wie "Menü Total" (1986) analysiert werden. Ausschnitte aus den Theater- und Opernarbeiten könnten auf Elemente des postdramatischen Theaters untersucht werden. Fächerübergreifend bietet sich die Diskussion von Begriffen wie „authentisch“ und „artifiziell“ in Bezug auf Schlingensiefs Werk an. Ebenso sollte Schlingensiefs Bedeutung für inklusive Kunst thematisiert werden.

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