Nach einem Unfall liegt die Ehefrau des Hawaiianischen Immobilienmaklers Matt King im Koma. Auf sich allein gestellt, muss sich King eingestehen, dass er ein schlechter Ehemann und seinen beiden Töchtern bislang kaum ein Vater gewesen ist. Insbesondere das Verhältnis zur 17-jährigen, ins Internat "abgeschobenen" Alexandra ist angespannt – und wird paradoxerweise besser, nachdem Alex ihrem ahnungslosen Vater an den Kopf geworfen hat, dass ihn ihre Mutter seit Monaten betrügt. Während die Familie um das Leben der Patientin bangt, suchen Vater und Tochter gemeinsam nach dem Nebenbuhler.
In Filmen wie
About Schmidt (USA 2002) und
Sideways (USA 2004) hat Alexander Payne eine in Hollywood seltene Vorliebe dafür gezeigt, Figuren mit ungeschönten charakterlichen Mängeln ins Zentrum alltäglicher Erzählungen zu stellen. Auch der Protagonist von
The Descendants bekennt sich im Voice-Over sogleich zu seinen Fehlern und scheint vor den Schwierigkeiten mit seinem Nachwuchs kapituliert zu haben. Payne arbeitet hier geschickt mit dem Image seines Hauptdarstellers George Clooney, der für gewöhnlich heldenhafte Figuren spielt. In einer langen
Sequenz wird die anti-heroische Haltung des Regisseurs besonders deutlich: Matt King hat gerade vom Betrug seiner Frau erfahren und rennt zum Haus eines befreundeten Ehepaars, um dieses zur Rede zu stellen. Da King in Sandalen unterwegs ist, wirkt er dabei jedoch weniger zum Äußersten entschlossen als unsicher und verletzlich.
Dank bewegender Darsteller/innen und einem warmherzigen Blick auf die unvollkommenen Figuren eignet sich der Film sehr gut, um die scheinbar unvermeidliche Entfremdung zwischen Eltern und Teenagern sowie deren Überwindung zu thematisieren. Das Koma der Mutter ist dabei nicht nur Mittel zum Zweck, sondern wichtiger Bestandteil der Erzählung. Entsprechend lässt sich im Unterricht auch auf Krankheit und Tod in der Familie sowie auf Fragen der Trauerarbeit eingehen. Dabei bietet es sich an, je nach Altersgruppe die Perspektive der 17-jährigen Alexandra oder ihrer etwa zehnjährigen Schwester einzunehmen. Ein bedeutender Nebenaspekt ist zudem den Themen Ökologie und Kulturerhalt gewidmet: Matt King muss für seine weit verzweigte Familie entscheiden, ob das gemeinsame Erbe, ein großer Landstrich unberührter Natur, an einen Investor verkauft wird oder erhalten bleibt.
Autor/in: Michael Kohler, 25.01.2012
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