Seit Jahrhunderten herrscht zwischen den himmlischen Reichen Asgard und Jotunheim ein prekärer Frieden. Als eine Abordnung aus Jotunheim in Odins Festung eindringt, um den dort aufbewahrten Eiskristall, die Quelle ihrer Macht, zurückzuholen, setzt sich Thor über den Entschluss seines Vaters hinweg und will den Friedensbruch gewaltsam ahnden. Zur Strafe wird er seiner Superkräfte beraubt und auf die Erde verbannt. Hier trifft er eine junge Astrophysikerin, findet mit ihrer Hilfe zur Demut des wahren Herrschers und tritt Loki, seinem intriganten Rivalen um Odins Thron, entgegen.
Kenneth Branagh erscheint als eher ungewöhnliche Wahl für die Verfilmung eines bombastischen Marvel-Comics. Die Drehbuchautoren sehen die nordische Sagenwelt jedenfalls vor allem als Steinbruch, aus dem sie sich freigiebig für eine Fantasy-Fabel um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, Verrat und Heldenmut bedienen. Beim Entwurf der himmlischen Welten fällt dem Production Design die bestimmende Rolle zu: Jotunheim erscheint als zerklüftetes, in den grauen Fels gehauenes Riesenreich, Asgard spottet der Vorstellungskraft mit goldenen Kathedralen und riesigen Gewölben. Lediglich zahlreiche Einstellungen, in denen die Kamera seitlich geneigt aus
Ober- oder Untersicht auf das Geschehen blickt, lassen die Handschrift des Regisseurs erkennen. Branagh unterstreicht damit, dass die menschliche Perspektive – die Kamera in Augenhöhe – nicht maßgeblich für die Geschichte ist.
Sowohl
Ausstattung wie Dramaturgie des Films bieten gute Ansatzpunkte, um klassische Fantasy-Elemente zu analysieren. Im Kunstunterricht ließe sich beispielsweise nachvollziehen, wie Fantasy-Literatur und Superhelden-Comics Bildmotive der romantischen Malerei in andere mediale Kontexte verlegen und popularisieren. Im Deutsch- und Englisch-Unterricht könnte man hingegen untersuchen, wie sich diese Thor-Adaption zu den zahlreichen literarischen Abhandlungen der nordischen Mythologie verhält. Interessant ist zudem die Naturphänomene aufgreifende Archetypik der Figuren, die in ähnlicher Form auch in Filmen wie
Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs (The Lord of the Rings – Return of the King, Peter Jackson, USA 2003) oder der
X-Men-Kinoserie (USA 2000-2011) anzutreffen ist.
Autor/in: Michael Kohler, 21.04.2011