England im Jahr 1940: Während die Fliegerbomben der Nazis regelmäßig auf London niedergehen, tritt die junge Werbetexterin Catrin Cole eine neue Stelle beim Informationsministerium an. Die Behörde will der eigenen Nation mit hoffnungsvollen Filmen Mut einimpfen und benötigt dafür auch eine weibliche Perspektive. Catrin soll für
Drehbücher Dialoge schreiben, die besonders Frauen ansprechen, und muss sich mit dem herablassenden Koautor Tom Buckley herumschlagen, der ihre Arbeit als "Schmalz" diffamiert. Nichtsdestotrotz raufen sich die beiden zusammen und tüfteln schon bald an einer heldenhaften Rettungsgeschichte über die Zwillingsschwestern Lily und Rose. Eine Rolle in dem patriotischen Streifen soll der alternde Filmstar Ambrose Hilliard übernehmen, der verzweifelt um neue Angebote kämpft. Als schließlich die Dreharbeiten beginnen, nähern sich Catrin und Tom immer weiter an.
Die dänische Regisseurin Lone Scherfig, die bereits mehrfach in Großbritannien gedreht hat, unternimmt mit der
Verfilmung des Romans "Their Finest Hour and a Half" von Lissa Evans eine Gratwanderung zwischen Tragik und Komik. Einerseits tauschen die Protagonisten – vor allem Catrin und Tom – schneidige, spitzzüngig-amüsante Dialoge aus. Andererseits können sie sich nie zu sicher fühlen, da der Krieg immer wieder dramatisch in ihr Leben eingreift. Schön herausgearbeitet wird in der liebevoll ausgestatteten Tragikomödie die Entwicklung der anfangs belächelten Werbetexterin, die mit ihrem Talent nicht nur den eingebildeten Schauspieler Hilliard, sondern auch den überaus zynischen Buckley überzeugt. Entsprechung findet Catrins Emanzipation auch in ihrer Beziehung mit dem Künstler Ellis, der ihre beruflichen Ambitionen erfolglos einzudämmen versucht.
Anhand der Romanverfilmung lässt sich die Rolle der Frauen während des Krieges ausführlicher erörtern, die plötzlich berufliche Aufgaben der an der Front kämpfenden Männer übernehmen mussten, dabei allerdings keine gleichberechtigte Behandlung erfuhren. Fragen könnte man an dieser Stelle auch, welche Veränderungen das Ende des Krieges mit sich brachte und inwiefern sich die Situation für Frauen am Arbeitsplatz heute gewandelt hat. Reichlich Diskussionspotenzial bietet das von Scherfig detailreich beschriebene Verhältnis von Kino und Politik, das im Unterricht zu einer allgemeinen Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex "
Propaganda im Film" anregt. Darüber hinaus gewährt
Ihre beste Stunde interessante Blicke hinter die Kulissen einer Filmproduktion, deren einzelne Phasen – Drehbuchentwicklung, Besetzung, Set-Arbeit – man eingehender beleuchten könnte.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Christopher Diekhaus, 28.06.2017, Vision Kino 2017.
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