Die mexikanische Stadt San Angel feiert den Día de los Muertos, den Tag der Toten. Zwischen prächtig illuminierten Gräbern tollen vergnügt drei Kinder herum und merken nicht, dass sie die Aufmerksamkeit zweier mächtiger Geister auf sich gezogen haben. La Muerte, Herrscherin über das paradiesische „Reich der Erinnerten“, und Xibalba, der dem tristen „Reich der Vergessenen“ vorsteht, schließen eine Wette ab: Wenn der Muskelprotz Joaquín das Herz der schönen María erobert, darf Xibalba endlich über das „Reich der Erinnerten“ herrschen. Die Chancen von Joaquíns Rivalen und bestem Freund Manolo, der lieber Gitarre spielt, statt in der Arena Stiere zu töten, stehen schlecht – und dann wird er vom schlitzohrigen Xibalba auch noch mit einem Trick ins Jenseits befördert. Im „Reich der Erinnerten“ trifft Manolo auf seine verstorbenen Vorfahren.
Der mexikanische Regisseur Jorge Gutiérrez hat dieses filmische Potpourri – eine US-amerikanische Produktion, die mexikanische Mythologie und Folklore verwebt – als farbenprächtiges
3D-Spektakel voll leuchtender Lila- und Orange-Töne inszeniert. Die überbordenden und detailverliebten
Animationen erinnern an die poetische
Fantastik von Hayao Miyazakis
Chihiros Reise ins Zauberland (2001) und die morbide Verschrobenheit von Tim Burtons
Nightmare before Christmas (1993), entwickelt im Rückgriff auf eine aztekisch inspirierte Ikonografie und die Totenkopf-und-Skelett-Motive des mexikanischen Totentags aber einen eigenen visuellen Stil. Die schematische Figurenzeichnung und der Plot fallen demgegenüber ab und bedienen oftmals folkloristische Stereotypen.
Manolo und das Buch des Lebens, Szene (© 20th Century Fox)
Die Darstellung des Día de los Muertos macht den Film zu einem guten Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit dem Thema Tod im Religionsunterricht. Worin unterscheidet sich das fröhliche mexikanische Totengedenken von christlich-europäischen Riten und wie wird dieser kulturelle Unterschied visuell umgesetzt? Nimmt der Film dem Tod seinen Schrecken? Ein Vergleich mit Jenseits-Vorstellungen in asiatischen oder afrikanischen Kulturen bietet sich ebenfalls an. Ältere Schüler und Schülerinnen können über den Film auch an Konzepte von religiösem Synkretismus herangeführt werden – schließlich verbindet der Kult um den Día de los Muertos, der an Allerheiligen begangen wird und mit der Santa Muerte eine Marien-ähnliche Figur verehrt, christliche und nicht-christliche Elemente. Eine Entsprechung für solche kulturellen Mischformen findet der Film auch in Manolos zahlreichen Latino-Versionen amerikanischer
Popsongs. Die farbenfrohe Bilderwelt des Films, in Anlehnung an mexikanische Volkssagen und Mythen, lädt zudem zur Thematisierung im Kunstunterricht ein.
Autor/in: Elena Meilicke, 12.02.2015
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