Kategorie: Videoanalyse
Verzauberte Alltagswelt in "Orphea in Love"
Unsere Videoanalyse untersucht, wie die Inszenierung in "Orphea in Love" Realität und Traum ineinanderfließen lässt.
Ein Callcenter, U-Bahn-Durchgänge, Straßen und Plätze – Zum Filmarchiv: "Orphea in Love" spielt oft an alltäglichen Orten, doch durch den Einsatz bestimmter filmästhetischer Mittel und mithilfe von Musik und Choreografie verwandeln sie sich mitunter in geradezu traumhafte Szenarien.
Hier können Sie die Videoanalyse im Textformat nachlesen:
Sprecher: "Orphea in Love" ist eine freie Interpretation der Sage um Orpheus in der Unterwelt: Orpheus wird zu Nele, Eurydike zum Streetdancer Kolya.
Sprecher: Der Film verlegt die Sage an vorwiegend alltägliche Orte wie Straßen und Plätze, ein Callcenter, eine WG oder eine Unterführung (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set). Die Verwendung bestimmter filmästhetischer Mittel verwandelt diese Orte in traumhafte Umgebungen.
Sprecher: Als häufiges Motiv verweisen Türen darauf, dass der Film Übergänge zwischen verschiedenen Realitätsebenen inszeniert.
Sprecher: Die Zum Inhalt: Musik spielt dabei natürlich eine herausragende Rolle. Oft markiert sie den Übergang ins Traumhafte. Die Lichtreflektionen auf der Kameralinse idealisieren den Gesang. Wie im Orpheus-Mythos wird die universelle Kraft der Musik beschworen.
Sprecher: Singend und tanzend drücken die Figuren ihre Gefühle aus. Die erste Annäherung zwischen Nele und Kolya verläuft nonverbal – die Choreografie spricht für sich.
Sprecher: Die Kameraführung (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabwegungen) unterstützt die poetische Wirkung. In einer schwerelos wirkenden Zum Inhalt: Plansequenz umkreist die Kamera die Figuren und hebt sie so aus der Umgebung heraus. Die Choreografie deutet Kolyas Tod an.
Sprecher: Viele der Musikstücke sind Opern-Arien. In einer Zum Inhalt: Szene mit dem Musikagenten Höllbach wird jedoch christliche Gospel-Musik angestimmt. Pfarrer: "Let the holy light of Las Vegas into your heart. (singt) I see you lonely …" Sprecher: Der Auftritt des Chors legt den Übergang zwischen den Ebenen ironisch offen. Pfarrer: " … I see you angry, I see you mad, and you think you're losing your mind …"
Sprecher: Ein weiteres Mittel zur Abgrenzung der Ebenen ist die Lichtsetzung (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung. In der Unterführung wechselt die Beleuchtung abrupt. Die Zum Inhalt: Farbgebung erzeugt eine geheimnisvolle Atmosphäre. Gezielte Unschärfen (Glossar: Zum Inhalt: Tiefenschärfe/Schärfentiefe) verstärken den traumhaften Effekt. Nele scheint Kolyas Tod zu ahnen und erinnert sich an eine traumatische Erfahrung. Zum Ende der Szene normalisiert sich die Beleuchtung.
Sprecher: Nach Kolyas Tod markieren die Unschärfe und der Einsatz der Musik den Übergang in ein anderes Erleben. Plötzlich schneit es mitten im Tunnel. Auch die Scheinwerfer im Hintergrund entrücken die Szene von der Realität.
Sprecher: Besonders surreal ist die Kulisse, die den Hades darstellt. Wie Orpheus steigt Nele in die Unterwelt. Höllbach: "Run!" Sprecher: Der Höhepunkt endet auf einer ironischen Note: Höllbach: "War denn der ganze Chichi mit den Fackeln wirklich nötig?" – Adela: "Sonst nimmt's die Kleine ja nicht ernst. Vielen Dank an die Kollegen des Corps de Ballet."