Kategorie: Filmbesprechung
"Tücken des Gesprächs "
Možnosti dialogu
Knetfiguren im Dialog: ein surrealistischer Klassiker des tschechischen Filmkünstlers Jan Švankmajer

Unterrichtsfächer
Thema
Bildungsrelevant, weil ... der Kurzfilm des Filmkünstlers Jan Švankmajer das Thema zwischenmenschlicher Kommunikation auf eine zeitlos kreative Weise vermittelt.
Die Geschichte: Groteske Dialoge
Im ersten der drei Segmente des Kurzfilms – betitelt mit "ewiger Dialog" – kämpfen bizarre Geschöpfe gegeneinander. Die Kontrahenten bestehen – nach Art des Renaissance-Künstlers Giuseppe Arcimboldo – aus Obst, Gemüse und Alltagsgegenständen wie einem Lineal oder Töpfen und veranstalten ein Gemetzel, bei dem sie sich gegenseitig verschlingen und wieder ausspucken. Der zweite Teil zeigt den "leidenschaftlichen Dialog" eines aus Knete modellierten Paars, das in einem sexuellen Akt ineinanderfließt. Als die Figuren wieder ihre Ursprungsformen annehmen, kommt es zum Streit. Das dritte Segment gilt dem "erschöpfenden Dialog" zweier Knetmänner. Aus ihren Mündern schieben sich Gegenstände, die anfangs zueinander passen, wenn etwa Brot auf Butter trifft oder Schuhe auf Schnürsenkel. Bald werden die Kombinationen widersinniger, wobei in schneller werdender Folge absurde Resultate entstehen. Schließlich trifft Identisches aufeinander, was in einer Zerstörungsorgie endet.
Filmische Umsetzung: Abstraktion und Haptik
Der tschechische Künstler Jan Švankmajer bezeichnet sich selbst als Surrealist und hat mit seinen Puppentrickfilmen und Knetanimationen bekannte Filmschaffende wie Tim Burton inspiriert. Sein 12-minütiger Zum Inhalt: Kurzfilm "Tücken des Gesprächs" ist ein sinnlicher Beitrag, der in surrealistischer Manier drei Spielarten einer unmöglichen kommunikativen Verständigung metaphorisch darstellt. Um die alltäglichen Objekte und die Knete in Bewegung zu setzen, nutzt Švankmajer die Stop-Motion-Technik (Glossar: Zum Inhalt: Animationstechniken), die er an vielen Stellen per Zum Inhalt: Zeitraffer beschleunigt. So entsteht ein mitreißender assoziativer Bilderstrom, bei dem oft sehr viele Details und groteske Eindrücke gleichzeitig zu sehen sind. Dazu ertönen eine angespannte klassische Zum Inhalt: Musik und ein markantes Zum Inhalt: Sound-Design, wenn Blech auf Blech trifft oder Apfelstücke in einem Briefumschlag zermatscht werden.
Thema: Unmögliche Kommunikation
Die Betitelung und das im Hintergrund hörbare Stimmengewirr zu den Anfangscredits verweisen auf das Thema der Kommunikation, das Švankmajer metaphorisch ausgestaltet. Die nonverbale Interaktion der Geschöpfe läuft jeweils gewaltsam aus dem Ruder, was die Botschaft vermittelt, dass eine gelingende Verständigung keineswegs selbstverständlich ist. Nur der Dialog des Liebespaars im zweiten Segment und das befriedigende "Matchmaking" zum Auftakt des dritten Parts zeigen einen fruchtbaren Austausch; wie der erste Dialog enden aber auch diese Segmente mit der Zerstörung oder völligen Erschöpfung der Beteiligten. So regt Švankmajers Darstellung verschiedentlich gearteter Kommunikation zum Nachsinnen darüber an, dass ein "gutes Gespräch" nur unter bestimmten Voraussetzungen glücken kann.
Fragen für ein Filmgespräch
Beschreibt die Machart des Kurzfilms und erstellt gegebenenfalls Zum Inhalt: eigene Stop-Motion-Aufnahmen.
Schaut euch die Darstellung der Kommunikation genauer an: Wodurch unterscheiden sich die drei Geschöpfe aus dem ersten Segment? Inwiefern prägt die Knete den sinnlichen Eindruck des zweiten Teils und wofür könnte der übrigbleibende Klumpen stehen? Welcher Anteil der möglichen Kombinationen im dritten Teil mündet ins Chaos?
Jan Švankmajer war in der Tschechoslowakei mit einem Berufsverbot belegt. Warum, denkt ihr, durften seine Filme nur im Ausland gezeigt werden?