Kategorie: Film
"Die Ehe der Maria Braun"
Rainer Werner Fassbinders Melodram erzählt die Geschichte einer Frau, die mit Geschick und Pragmatismus die Wirren des Krieges meistert. Die Titelfigur wird von Hanna Schygulla verkörpert.
Unterrichtsfächer
Thema
Während eines Luftangriffs heiratet Maria 1943 den Soldaten Hermann Braun. Tags darauf muss er an die Front und bleibt nach Kriegsende verschollen. Maria beginnt in einer Bar zu arbeiten, wo sie den afroamerikanischen G.I. Bill kennenlernt. Als Hermann überraschend heimkehrt und die beiden in flagranti erwischt, erschlägt Maria Bill. Ihr Mann nimmt die Schuld auf sich und geht ins Gefängnis. Maria hält an ihrer Liebe zu Hermann fest, auch nachdem sie die Geliebte – und tüchtige Referentin – des Industriellen Karl Oswald geworden ist. Als Hermann entlassen wird, setzt er sich jedoch nach Kanada ab und kehrt erst nach Karls Tod 1954 zurück. Dieser hat das Paar als Erben bestimmt.
"Die Ehe der Maria Braun" ist ein Zum Inhalt: Melodram mit konkretem Zeitbezug. Über neun Jahre hinweg verfolgt der Film die Entwicklung der Titelfigur zur "Mata Hari des Wirtschaftswunders". Handlungsorte sind authentisch ausgestattete, klaustrophobisch wirkende Innenräume (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set), die das Innenleben der Protagonisten/-innen illustrieren. Innerhalb des Bildausschnitts (Glossar: Zum Inhalt: Kadrage/Cadrage) setzen zudem oft Wände, Bögen und Fenster zusätzliche Begrenzungen, so dass die darin agierenden Figuren isoliert oder beengt wirken. Die Außenwelt drängt durch einen bisweilen überlauten Ton ein: Kriegslärm, Suchmeldungen, Presslufthämmer, Politikeransprachen, Schlager oder zuletzt die Live-Übertragung des Endspiels der Fußball-WM 1954 (Glossar: Zum Inhalt: Tongestaltung/Sound-Design). Der Film beginnt und endet mit einer Detonation. Eine zusätzliche zeitliche Klammer bilden Politiker-Porträts: anfangs ein Bild Adolf Hitlers, im Nachspann Negativaufnahmen der ersten Bundeskanzler der Nachkriegszeit bis Helmut Schmidt, wobei auffällt, dass Willy Brandt fehlt.
"Die Ehe der Maria Braun" erzählt nicht nur das Drama einer unerfüllten Liebe, sondern ist auch ein vielschichtiges Zeit- und Milieuporträt. So kann im Unterricht analysiert werden, welches Bild Fassbinder von der Nachkriegszeit und dem beginnendem Wirtschaftswunder zeichnet. Maria Braun steht mit ihrem untrüglichen Gespür für den Wert von Gütern und ihrem eigenen Körper beispielhaft für jene Frauen, die den Wiederaufbau vorantrieben. Während sie beruflich Karriere macht und so das Wirtschaftswunder personifiziert, kühlt sie emotional ab: Ökonomie statt Vergangenheitsbewältigung. Ihre Welt explodiert, als sie erfährt, dass auch sie nur als Ware zwischen Hermann und Karl "gehandelt" wurde. Ist ihr Tod Unfall oder Suizid? Diskutiert werden sollte auch, welche Aussage der Regisseur mit den Kanzler-Porträts trifft. Nicht zuletzt regt der Film dazu an, sich mit der Rolle Fassbinders für den Neuen Deutschen Film auseinanderzusetzen. Doch eine Gasexplosion setzt allem ein Ende.