Kategorie: Film
"Der Himmel wird warten"
Le ciel attendra
Drama über Mädchen, die mithilfe moderner Ködertaktiken im Internet vom IS angeworben werden
Unterrichtsfächer
Thema
Die Abiturientin Mélanie lernt im Internet einen Jungen kennen, der sich "Épris de Liberté" – "Freigeist" nennt. Nachdem er ihr Avancen gemacht hat, fragt er Mélanie nach ihrer religiösen Gesinnung. Es ist der erste Schritt der Indoktrinierung. Mélanie empfängt fortan ständig Nachrichten ihres Verehrers, fühlt sich ernst genommen und beginnt sich für dessen Verschwörungstheorien und Lobeshymnen auf den soge-nannten Islamischen Staat zu interessieren. Schon bald trägt sie einen Vollschleier und ist zum Islam konvertiert. All das hat die 17-jährige Sonia bereits hinter sich. Zuvor hatte die Polizei die junge Frau festgenommen, weil sie nach Syrien reisen wollte und Kontakt zu Terrorverdächtigen hatte. Jetzt steht sie zu Hause unter Arrest und wird von ihren Eltern zu einer Therapie gezwungen, damit sie aussteigt. Doch der Weg in den Dschihadismus erfolgt meist schneller als der Ausstieg und die Rückkehr.
Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar begann kurz nach den Terroranschlägen im Pariser Bataclan mit den Dreharbeiten zu "Der Himmel wird warten" . In ihrem Film wirft sie einen differenzierten Blick auf das komplexe Thema religiös begründeter Radikalisierung. Dabei bleibt sie nah an den Protagonistinnen und zeichnet ein Familienporträt, das ebenso die Gefühle und Ängste der Betroffenen fokussiert wie auch ihre Hilflosigkeit, wenn es um die Frage der Verantwortlichkeit geht. Neben den Taktiken der Rekrutierenden zeigt der Film auch die Perspektive der Präventionsarbeit. So spielt Dounia Bouzar, Anthropologin und Mitbegründerin des privat geführten "Zentrum zur Prävention gegen sektiererisches Abgleiten verbunden mit dem Islam", sich selbst und steht beiden Familien zur Seite. Sie versucht den jungen Frauen klarzumachen, dass sie sich nicht für das vermeintliche Paradies, sondern für eine Mörderbande aufopfern.
"Der Himmel wird warten" eignet sich für den Religions- als auch Ethik- und Pädagogikunterricht. So kann im Unterricht analysiert werden, wie Islamist/-innen soziale Netzwerke einsetzen, um junge Frauen zu rekrutieren, und wie sie das Internet für ihre Kriegsstrategien nutzen. Dabei steht die politische Dimension weniger im Vordergrund als das Schicksal der Betroffenen. Jugendliche Selbstfindungsprozesse, die geprägt sind von der Suche nach Idealen, Identifikation und Anerkennung sind auf dem Weg in die Radikalisierung ebenso von Bedeutung wie die strukturelle Indoktrinierung der beiden Mädchen und ihr Wille sich dem zu fügen. Hieran anknüpfend bietet sich eine Figurenanalyse der Mädchen an. Zudem kann herausgearbeitet werden, wie Dounia Bouzar, die als Präventionsarbeiterin eine wichtige Rolle spielt, den Jugendlichen Strategien zur Prävention und Endradikalisierung erklärt.