Kinostart: 11.01.2024 Verleih:Cinemalovers Regie: C. J. "Fiery" Obasi Darsteller/innen: Rita Edochie, Uzoamaka Aniunoh, Evelyne Ily Juhen, Emeka Amakeze, Kelechi Udegbe, u.a. Kamera: Lílis Soares Laufzeit: 107 min, OmU Format: digital, Schwarzweiß Filmpreise: Sundance Filmfestival 2023: Sonderpreis der Jury für die beste Kameraführung an Lílis Soares; Panafrikanisches Filmfestival in Ougadougou in Burkina Faso 2023: Preise für beste Kamera und bestes Production Design sowie Preis der afrikanischen Kritiker FSK: ab 12 J. Altersempfehlung: ab 14 J. Klassenstufen:ab 9. Klasse Themen:Macht/Machtgefüge, Kolonialismus, Tradition, Afrika, Religion/Religiosität Unterrichtsfächer:Ethik/Religion, Sozialkunde/Gesellschaftskunde, Kunst, Englisch, Deutsch
Im fiktiven Dorf Iyi am Golf von Guinea erhoffen sich die Bewohner/-innen Schutz von der Wassergottheit Mami Wata, die laut Filmvorspann in West-, Zentral- und Südafrika sowie der Karibik verehrt wird. Ihr Name stammt aus dem Pidgin-Englisch und steht für "Mutter des Wassers". Als ihre irdische Repräsentantin fungiert Mama Efe, bei der die Dorfbewohner/-innen Rat suchen. Zum Dank bringen sie der Wunderheilerin jeden Monat Geld und Lebensmittel. Als Mama Efe einen kranken Jungen nicht mehr retten kann, stellt ihre wütende Tochter Zinwe deren Führungsrolle in Frage. Auch einige junge Männer um den aufrührerischen Jabi, die endlich Elektrizität, asphaltierte Straßen und eine Schule haben wollen wie in anderen Dörfern, spüren den Machtverlust Mama Efes. Als der aus einem Bürgerkrieg geflüchtete Krieger Jasper an den Strand gespült wird, verliebt sich Efes Adoptivtochter Prisca in ihn. Doch Jasper stellt sich an die Spitze der Rebellen um Jabi, die sich Schusswaffen beschaffen und die Macht an sich reißen.
Der nigerianische Regisseur C. J. "Fiery" Obasi nimmt sich in seinem dritten Langfilm viel Zeit, um in kontrastreichen expressiven Schwarzweiß-Bildern und zahlreichen Nachtszenen eine fesselnde Atmosphäre des Übersinnlichen zu entwickeln, die das von der Außenwelt und vom technischen Fortschritt abgekoppelte Dorf beherrscht. Dazu bei tragen auch die leuchtend weißen Gesichtsbemalungen der Bewohner/-innen, ihre kunstvolle Frisuren und weißen Muschelketten, mit denen sie sich als Zeichen ihres Glaubens schmücken. Die sich in gelassenem Tempo entwickelnde Erzählung wird durch Texttafeln strukturiert, die das Geschehen kommentieren. Immer wieder kehrt die ruhig agierende Kamera an die Küste zurück und zeigt geduldig die heranbrandenden Meereswellen, als warte sie auf die Ankunft der Gottheit. Häufig fügt Obasi Überblendungen zwischen Meer und anderen Schauplätzen ein - sie betonen die enge Verbindung der Bevölkerung zum Wasser und unterstreichen die Poesie der markant stilisierten Inszenierung. Die sparsamen Akzente der Musik von Tunde Jegede lassen genügend Raum für die prägnante Tonspur mit Vogelgezwitscher, Meereswellen und Blätterrauschen im Wind.
Wie viele afrikanische Filme behandelt auch Mami Wata das Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. In der stringenten Parabel über blinden Fortschrittsglauben und zynische Machtgier stehen die Frauen um Efe und Prisca eher für die Tradition, die Männer zumindest vorgeblich für den Fortschritt. Im Politikunterricht kann die Frage diskutiert werden, wann die Grenze erreicht ist, an der die Befürworter/-innen der matriarchalisch geprägten Lebensweise sich zum Widerstand gegen die Willkür der neuen Herrscher durchringen. Das Beispiel des Ex-Soldaten Jasper kann aus Ausgangspunkt dienen, um Ursachen für Migrationsbewegungen in West- und Zentralafrika zu thematisieren. Erst die Schusswaffen eines weißen Waffenhändlers ermöglichen die Machtergreifung des gewalttätigen Mannes und seiner Anhänger. Dies gibt Anlass, im Fach Geschichte die Folgen des Kolonialismus für die heutigen afrikanischen Länder zu erörtern. Die mythologische Erzählung wird auf ästhetischer Ebene durch die Kombination der brillanten Schwarzweiß-Fotografie mit einem dekorativen Maskenbild, Set- und Kostümdesign geprägt. Dies liefert reichlich Ansatzpunkte, um im Kunstunterricht die stilistischen Mittel zu analysieren, die der Inszenierung ihre faszinierende Ausstrahlung verleihen.