Kinostart: 20.09.2017 Verleih:UCM.ONE GmbH Regie: Tom Lass Drehbuch: Tom Lass, Ilinca Florian Darsteller/innen: Naomi Achternbusch, Tom Lass, Clara Schramm, Eva Löbau, Peter Marty, Axel Ranisch, Dimitri Stapfer, Dietrich Brüggemann u.a. Kamera: Jieun Yi Laufzeit: 100 min, deutsche Originalfassung Format: Digital, Farbe Barrierefreie Fassung: ja Filmpreise: Filmfest München 2017: FIPRESCI-Preis; Filmfestival Oldenburg 2017: German Independence Award (Lobende Erwähnung des Schauspiel-Ensembles) FSK: ab 12 J. Altersempfehlung: ab 14 J. Klassenstufen:ab 9. Klasse Themen:Erwachsenwerden, Liebe, Behinderung, Entfremdung, Freundschaft, Hoffnung, Autorität(en), Psychologie, Gender/Geschlechterrollen Unterrichtsfächer:Deutsch, Ethik, Kunst, Darstellendes Spiel, Philosophie
Jona hat keine Lust, ihr Abitur zu beenden. Nach einem Streit mit ihrer Mutter haut sie kurzerhand von Zuhause ab und kommt bei ihrer blinden Cousine Cécile in Berlin unter. In deren Wohnheim wird ein Zimmer frei, allerdings muss Jona so tun, als wäre sie blind, um dort wohnen zu dürfen. Parallel hat der junge Ferdi mit seinen psychischen Problemen zu kämpfen. Er kann sich nur schwer auf andere Menschen einlassen, findet sich hässlich und wünscht sich eine Freundin. Als er versucht, sich das Leben zu nehmen, läuft ihm Jona über den Weg und gibt sich als Blinde aus. Ferdi fühlt sich wohl in ihrer Gegenwart. Der Gedanke, dass sie ihn nicht sehen kann, beruhigt ihn, jedoch ist es eine Frage der Zeit, bis Jonas Geheimnis auffliegt und ihre zarte Beziehung auf eine harte Probe gestellt wird.
Regisseur Tom Lass erzählt in Blind & Hässlich die Geschichte zweier junger Menschen, die nicht in die Gesellschaft passen und sich auf ihrem Weg der Widerspenstigkeit begegnen. Während Jona gegen den Willen der Mutter ihr Abitur abbricht, kämpft Ferdi mit gescheiterten Therapieversuchen und seiner Sozialphobie. Die Ängste und Konflikte der Charaktere finden auch in der Bildsprache ihren Ausdruck. Szenen, in denen Jona sich gegen die autoritäre Figur ihrer Mutter stellt, sind mit einer dynamischen Montage und Jump Cuts versehen und ermöglichen, sich in die aufgebrachte Gefühlssituation der Protagonistin hineinzuversetzen. Auf der anderen Seite kommt in intimen Momenten, etwa wenn Jona und ihre blinde Cousine Cécile sich Halt geben, eine poetische Bildkomposition zum Vorschein, ausgelöst durch warmes Licht und helle Farben, während die Kamera nah bei den Figuren ist.
Als Beispiel für junges deutsches Gegenwartskino eignet sich Blind & Hässlich für den Deutsch- oder Kunst-Unterricht. Der Coming-of-Age-Film behandelt das klassische Sujet junger Menschen, die sich gegen gesellschaftliche Anforderungen sträuben. Für eine Filmanalyse sind dabei besonders die bewusst sichtbare Montage und das weitgehend improvisierte Schauspiel interessant. Die Auseinandersetzung mit dem Leben mit Behinderungen dient zwar vor allem der erzählerischen Grundkonstellation einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte, doch die Figur der Cécile eröffnet auch eine komplexere Sichtweise. Herausforderungen, mit denen sie als blinde Frau zu kämpfen hat, kommen ebenso zum Vorschein wie Stärken und Fähigkeiten, die aus ihrer Behinderung hervorgehen. Ferdis gescheiterte Therapieversuche sowie die Schwierigkeiten, in einer (Wohn-)Gemeinschaft zu funktionieren, bieten im Ethik-Unterricht die Grundlage für eine Diskussion über den Umgang mit psychischen Problemen bei Jugendlichen. Darüber hinaus könnte sein Selbstbild – er findet sich hässlich – ein Gespräch über Schönheitsideale bei jungen Menschen anregen.