Warschau 1975: Der Auslandskorrespondent Ryszard Kapuściński, der sich mit Berichten aus Krisen- und Kriegsgebieten in Asien, Lateinamerika und Afrika einen Namen gemacht hat, verfolgt gespannt die Ereignisse in Angola. Nach der Nelkenrevoultion wird das südwestafrikanische Land aus der portugiesischen Kolonialherrschaft entlassen. Am 11. November 1975 ruft die sozialistische Freiheitsbewegung MLPA in der Hauptstadt Luanda einen Einparteienstaat aus. Gleichzeitig formiert sich in Huambo eine später von den USA und dem Apartheitsregime unterstützte Gegenregierung, die von den Unabhängigkeitsgruppierungen FNLA und der UNITA getragen wird. Im Kampf um die Macht entflammt ein blutiger Bürgerkrieg, über den Kapuściński vor Ort berichten will. In der vergleichsweise sicheren angolanischen Hauptstadt hält es den Journalisten jedoch nicht lange: Obwohl ihm von allen Seiten entschieden davon abgeraten wird, schleust er sich an die umkämpfte Front im Süden des Landes. Auf seiner Reise dorthin wird er nicht nur mit Tod und Gewalt konfrontiert, sondern trifft auch die charismatische Rebellin Carlota und den MPLA-General Farrusco. Zunehmend gerät Kapuściński in den Konflikt zwischen journalistischem Ethos und politischem Kalkül: Wird es ihm angesichts seiner Erlebnisse gelingen, als objektiver Beobachter überparteilich über die Ereignisse zu berichten?
Der
Animationsfilm Another Day of Life porträtiert eine entscheidende Lebensphase des Kriegsreporters Ryszard Kapuściński, dessen Roman "Wieder ein Tag Leben" das
Drehbuch inspiriert hat. In dieser Zeit wandelt sich Kapuściński angesichts der Härte und Unerbittlichkeit des Krieges vom abenteuerlustigen Journalisten zum feinfühligen Literaten. Mit energetischem Rhythmus und einer pulsierenden
Farbdramaturgie vermitteln die animierten
Sequenzen die Gefühlswelt Kapuścińskis – von Todesangst bis lustvolle Ekstase. Unterbrochen wird der Erzählfluss von aktuellen, real gefilmten
Interviews, die die Filmemacher mit einstigen Weggenossen Kapuścińskis und Zeitzeuginnen geführt haben. Diese dokumentarischen Kommentare reflektieren oft auf persönlicher Ebene, zuweilen aber auch aus Distanz das einstige Geschehen. Kritisch lässt sich unter anderem anmerken, dass
Another Day of Life die ethnischen Verwurzelungen der Konfliktparteien in den unterschiedlichen Volksgruppen der Ambundu, der Bakonga und der Ovimbundu nicht ausführlich thematisiert.
Another Day of Life, Trailer (© Pandora Film)
Another Day of Life lässt sich gut im Geschichtsunterricht einsetzen, bietet der Film doch Ansatzpunkte, um sich am Beispiel Angolas mit dem Thema Entkolonialisierung und den sogenannten Stellvertreterkonflikten des Kalten Krieges zu beschäftigen. Im Politikunterricht ist der Film ein guter Ausgangspunkt, um die Ideologien der angolanischen Bürgerkriegsparteien sowie Theorien des Postkolonialismus zu erarbeiten. Die Themen Kriegsfotografie und -journalismus können im Deutsch- und Ethikunterricht besprochen werden. Hierzu kann der Pressekodex studiert und über dessen Grenzen in Extremsituationen debattiert werden. Zur Vertiefung lesen die Schülerinnen und Schüler ausgewählte Reportagen von Kapuściński oder prägnante Passagen aus der Romanvorlage, wobei sich letztere mit entsprechenden
Filmszenen vergleichen lassen. Als Themen für den Kunstunterricht bieten sich die
Animationstechnik und der hybride Charakter des Films zwischen dokumentarischen Interviews und animierten
Biopic an.
Autor/in: Karl-Leontin Beger, 08.04.2019
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