Ron Stallworth prüft skeptisch seinen Afro, als er auf das Schild vor der Polizeidirektion von Colorado Springs blickt: "Bewerbungen von Angehörigen einer Minderheit ausdrücklich erwünscht". Anfang der 1970er-Jahre wird er zum ersten afroamerikanischen Cop in der Provinzstadt in den Rocky Mountains und muss sich im Behördenalltag prompt gegen den Rassismus einiger Kollegen wehren. Schnell wechselt er zur Kriminalpolizei und bewährt sich mit unkonventionellen Methoden als Undercover-Ermittler. So hetzt Ron plötzlich mit David Duke, dem Anführer des rechtsextremen Ku-Klux-Klans (KKK), am Telefon über Schwarze und Juden – mit dem Ziel, die gewaltbereite Ortsgruppe des Klans zu infiltrieren. Bei den Treffen des KKK lässt er sich von seinem weißen, jüdischen Kollegen Flip vertreten. Gemeinsam stellen sie fest, dass die hasserfüllten Klan-Mitglieder Mordanschläge gegen Afroamerikaner/-innen planen.
Mit seinem von der Kritik gelobten und in Cannes prämierten Film hat Spike Lee, der wohl bedeutendste afroamerikanische Regisseur, ein an stilistischen und politischen Bezügen überbordendes
Biopic geschaffen. Die kuriose Story hat sich zumindest in Grundzügen tatsächlich ereignet; sie beruht auf dem gleichnamigen
Buch des realen Ron Stallworth. Das zeithistorische
Setting nutzt Lee stilistisch als Hommage an die
Soul-Musik und das Blaxploitation-
Genre der 1970er-Jahre. Politisch sucht der Filmemacher aber eher eine Auseinandersetzung mit der Gegenwart: Die
Eröffnungssequenz mit einem rassistischen Demagogen und dokumentarische Aufnahmen der rechtsextremen Ausschreitungen von Charlottesville 2017 rahmen die Filmhandlung ein. Wie zahlreiche weitere Anspielungen erinnern sie wütend an das politische Klima der Trump-Ära, in dem die White-Supremacy-Ideologie neuen Aufwind erfahren hat.
BlacKkKlansman, Szene (© Universal Pictures International Germany)
BlacKkKlansman setzt sich kritisch und humoristisch mit der Bildpolitik von Hollywood auseinander. Wenn der Film
Vom Winde verweht (1939) und
Die Geburt einer Nation (1915) zitiert, erinnert er an bis heute verehrte Klassiker, die Maßstäbe für eine rassistische Repräsentation von Afroamerikaner/-innen gesetzt haben. Eine
Parallelmontage zwischen den Treffen des Ku-Klux-Klans und der Black-Power-Bewegung ist für eine
Sequenzanalyse besonders interessant, weil Lee gerade nicht auf eine Parallele der beiden Gruppen abzielt. Mit dem Essayfilm
I Am Not Your Negro kann im Englisch-Unterricht die Repräsentation von Minderheiten im Kino vertieft werden. Als Film über Rechtsextremismus, institutionellen Rassismus, Bürgerrechtler/-innen und afroamerikanische Kultur bietet
BlacKkKlansman etliche weitere Anknüpfungspunkte. Mit seinem formbewussten Stil weist der Film aber stets darauf hin, dass er keine "abgeschlossene" Vergangenheit darstellt. Der Blick auf die Geschichte ist motiviert durch die drängenden Fragen von heute.
Autor/in: Jan-Philipp Kohlmann, 20.08.2018
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