Auf dem fliegenden Pferd eines Zauberers wird Prinz Achmed aus dem Königreich seines Vaters verschleppt, damit der Zauberer seine Schwester Dinarsade zur Frau nehmen kann. Als Achmed sich auf einer weit entfernt liegenden Insel in Pari Banu verliebt, die Herrin des Dämonenreichs von Wak-Wak, tritt der Zauberer erneut in Achmeds Leben und entführt Pari Banu nach China, um sie dort an den Kaiser zu verkaufen. Noch viele weitere Hindernisse muss Achmed überwinden, sich mit einem anderen Helden sowie einer Hexe verbünden und wilden Dämonen ausweichen, bis es zum großen Kampf zwischen Gut und Böse kommt.
Die Abenteuer des Prinzen Achmed entstand zwischen 1923 und 1926 unter der Regie von Lotte Reiniger und ist einer der ältesten abendfüllenden
Animationsfilme. Aufgrund seiner
Animationstechnik – es handelt sich um einen Silhouettenfilm – nimmt er bis heute einen besonderen Platz in der Filmgeschichte ein: Mithilfe der Legetricktechnik werden dabei aus schwarzem Karton ausgeschnittene Figuren auf einem von unten erleuchtetem Hintergrund animiert. Reiniger gelang es, ihre detailliert gestalteten Figuren durch filigrane, anmutige Bewegungen zu charakterisieren. Mit mehreren, übereinandergelegten Lagen Pauspapier gestaltete sie Landschaften und erweckte so den Eindruck von Raumtiefe. Unterstützt wird der Effekt durch den Einsatz einer von Carl Koch entwickelten Multiplankamera, die mehrstufige Ebenenaufnahmen möglich machte. Durch Viragierungen, also dem Einfärben von Schwarz-Weiß-Bildern, erstrahlen die
Szenen in den unterschiedlichsten kräftigen
Farben. Ästhetisch steht der Stummfilm in der Tradition des Expressionismus, der sich durch starke Kontraste und das Erzählen mit Licht und Schatten auszeichnete. Er zeigt aber auch eine Nähe zum
Absoluten Film, dessen abstrakte Formsprache vor allem in den von Reinigers Mitarbeiter Walter Ruttmann animierten
Sequenzen, etwa dem finalen Kampf, deutlich wird. Inhaltlich bedient sich die in fünf Akte gegliederte Geschichte bei Motiven aus "Tausendundeiner Nacht" und setzt auf die Faszinationskraft exotisch anmutender Märchenelemente jenseits der hierzulande vertrauten Welten der Gebrüder Grimm.
Die Abenteuer des Prinzen Achmed, Trailer (© absolut Medien GmbH)
Die kunstvolle Animation lädt im Kunstunterricht zu einer kreativen Auseinandersetzung mit Silhouettenfilmen ein, etwa durch das Entwerfen detaillierter beweglicher Figuren oder die Anfertigung entsprechender Hintergrundbilder. Die Bedeutung von
Die Abenteuer des Prinzen Achmed kann auch durch Zitate aus der gegenwärtigen Filmkultur erschlossen werden, etwa anhand der Sequenz "Das Märchen von den drei Brüdern" aus
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1, die im Stil von Lotte Reiniger inszeniert wurde. Im Fach Musik kann das Zusammenspiel von Bild und Musik untersucht werden. Hier bietet es sich auch an, die drei unterschiedlichen Tonspuren auf der Blu-ray zum Film zu vergleichen, die neben der
Originalmusik von Wolfgang Zeller über die kammermusikalische Quintettfassung bis hin zu einer elektronischen Live-Vertonung reichen. Insbesondere die moderne Fassung kann als Inspiration dienen, den Filmklassiker auch mit eigenen modernen Kompositionen oder einem eigens zusammengestellten elektronischen Score zu begleiten und die Wirkung zu besprechen. Zugleich sollten aber in der medienpädagogischen Betrachtung des Films auch die aus heutiger Sicht überholten Stereotype sowie die Darstellung des vermeintlich Exotischen und "Anderen" kritisch diskutiert werden. Dabei kann auch überlegt werden, wie die Geschichte verändert werden müsste, um Vorurteile und Klischees zu vermeiden.
Arbeitsblatt zum Film Die Abenteuer des Prinzen Achmed
Fächer: Kunst, Deutsch ab Klasse 7, ab 12 Jahren
a) Erläutert, was einen
Stummfilm auszeichnet. Wie werden dabei Sprache, Hintergrundgeräusche oder
Musik dargestellt?
b) Habt ihr schon einmal einen Stummfilm gesehen? Nennt den/die Titel und fasst kurz die Handlung zusammen.
Während der Filmsichtung:
c) Achtet darauf, welche Elemente aus Aufgabe a) im vierten Akt des Films
Die Abenteuer des Prinzen Achmed vorkommen. Notiert euch außerdem, wie viele und welche
Farben zum Einsatz kommen.
Nach der Filmsichtung:
d) Vergleicht eure Ergebnisse. Was hat euch besonders überrascht oder berührt?
e) Autorin und Regisseurin Lotte Reiniger setzte den Film 1926 um. Fasst zusammen, wie unterschiedliche Emotionen dargestellt und eine entsprechende Wirkung bei den Zuschauenden erzeugt werden.
f) Das im Film dargestellte vermeintlich Exotische oder "Andere" wird Sicht sehr stereotyp dargestellt. Diskutiert, warum dies problematisch ist.
g) Kommt euch die Handlung des Films möglicherweise bekannt vor? Welches Märchen wurde dargestellt?
h) Kennt ihr andere Verfilmungen dieses Märchens? Nennt Unterschiede in der Filmgestaltung zu der eben gesehenen Umsetzung.
i) Stellt euch vor, ihr hättet eine Begegnung mit einem Geist, der euch einen Wunsch erfüllt. Notiert euch euren Wunsch.
j) Bildet Gruppen mit jeweils vier bis fünf Schüler/-innen, vergleicht eure Wünsche und entscheidet euch für einen. Überlegt, wie ihr diesen Wunsch in einer
Szene von maximal vier Minuten umsetzen könntet. Orientiert euch an der
Tricktechnik des gesehenen Films.
k) Zeichnet ein entsprechendes
Storyboard.
l) Gestaltet ein zweidimensionales Hintergrundbild, Figuren und Requisiten.
m) Dreht den Ausschnitt mit eurer Handykamera. Da ein Film in
Stop-Motion oder mittels Legetrick sehr zeitaufwendig ist, könnt ihr eure Figuren und Requisiten an dünnen Stäbchen befestigen und über den Hintergrund führen. Kurze Texteinblendungen können entweder montiert werden oder mittels kleiner Tafeln ebenfalls wie Figuren und Requisiten eingefügt werden.
n) Sichtet gemeinsam alle entstandenen Filme und besprecht, welche Möglichkeiten und Einschränkungen diese Art der Filmproduktion mit sich bringt. Worin unterscheiden sich eure Filme von dem gesehenen Scherenschnittfilm?
Autor/in: Stefan Stiletto (Filmbesprechung), Hanna Falkenstein (Arbeitsblatt), 23.06.2021
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