Lene staunt: "So weit hatte ich noch nie gesehen!" Angekommen im Bayerischen Wald, verliert die Siebenjährige aus Norddeutschland ihre Vorbehalte gegen die Sommerferien weit weg von zu Hause. Mit Vater und Schwester entdeckt sie ursprüngliche Naturlandschaften und nimmt am Leben der Kinder vor Ort teil. Hütten bauen, auf Bäume klettern, Knödel rollen, bayerischen Rap oder Bienen züchten – jedes Kind zeigt, was es kann. Zum Staunen bringen Lene auch die märchenhaften Geschichten des Nationalparkwächters oder von Oma Henriette. So leuchten die Geister aus den Legenden des "Waldpeters" oder der "Wald-Ursel" mal im Moos, mal in einem Wassertropfen auf.
Ihre Ferienerlebnisse und Gedanken schildert das Mädchen retrospektiv aus der Ich-Perspektive als Off-Erzählerin des Films. Vom
Panorama bis ins Detail dokumentiert die ruhige Kamera, was Lene sieht und unternimmt. Die Einbindung ihrer Wahrnehmung, Gefühle und Konflikte macht die Begegnungen mit Natur und Mensch über die Schönheit dokumentarischer Aufnahmen von Baumriesen, Blüten, Insekten und Kinderspielen hinaus erfahrbar. Eigens komponierte
Filmmusik unterstreicht die wechselnde Atmosphäre zwischen Entdeckerfreude und Magie, wobei der Film gänzlich ohne
Spezialeffekte auskommt. Ergänzend erweitern dazwischen geschnittene
Sequenzen den Blick, in denen die naturverbundene Waldursel die Bedeutung des Waldes reflektiert.
Mit Lene als Erzählerin bietet der Dokumentarfilm Grundschulkindern eine Identifikationsfigur, um eines der größten Waldgebiete Europas kennenzulernen. Im Fach Sachkunde kann der Nationalpark zunächst verortet werden, um danach dessen Tier- und Pflanzenwelt zu erkunden – etwa den Lebenszyklus von Bäumen oder die Rückkehr des Wolfes. Ausgehend von den Mitwirkenden liegt auch eine Beschäftigung mit der Bedeutung des Waldes als Erholungs- und Wirtschaftsraum sowie für das ökologische Gleichgewicht nahe. Insbesondere die explizite kritische Betrachtung menschlichen Einflusses kommt im Film nämlich zu kurz. In Deutsch und Kunst kann am Beispiel des Waldpeters erarbeitet werden, weshalb Wälder zu den typischen Schauplätzen von Märchen gehören. Im Anschluss daran schreiben oder gestalten die Kinder eigene Waldgeschichten oder -kunstwerke.
Autor/in: Marguerite Seidel, 22.11.2021
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