Kategorie: Musikvideo-Besprechung
"Foo Fighters: Everlong"
Surreale Träume: Michel Gondrys Musikvideo für die US-Rockband Foo Fighters aus dem Jahr 1997

Unterrichtsfächer
Thema
Bildungsrelevant, weil das Musikvideo ein eindrückliches Beispiel für den nachhaltigen Einfluss des Surrealismus auf filmische Gestaltungsmittel ist.
Die Geschichte: Verschachtelte Traumwelten
In der Nacht infiltrieren zwei Einbrecher das Vorstadthaus eines Liebespaars, das schlafend im Bett liegt. Der Mann träumt von einer Party, auf der zwei grobe Kerle seine Freundin belästigen; unterdessen träumt die Frau, dass sie lesend in einer Waldhütte sitzt, während ihr Freund Brennholz sammelt. Im ersten Traum wächst dem Mann eine riesige Hand, mit der er die Störenfriede schlägt, bis sie auf dem Boden liegend von innen heraus verglühen – woraufhin sie im Traum der Frau erscheinen und diese weiter bedrängen. Um Hilfe zu bekommen, weckt die Frau ihren Freund mit einem Telefonanruf in die reale Welt. Der Mann schläft mit Absicht wieder ein, um der Freundin im Traum beizustehen, und überwältigt die Angreifer erneut. In der Realitätsebene stehen die Eindringlinge dann neben dem Bett des Paars, wo sie sich auf bizarre Weise in die Bandmitglieder der Foo Fighters verwandeln.
Thema: Geträumte Popkultur
Das Musikvideo zum 1997er-Hit Everlong der Band Foo Fighters ist eins der bekanntesten des Filmemachers Michel Gondry. Darin treten der Frontmann Dave Grohl und der Schlagzeuger Taylor Hawkins als Pärchen auf, die Bandmitglieder Nate Mendel und Pat Smear als deren Widersacher. Das optisch an Sam Raimis Zum Inhalt: Horrorfilm-Klassiker "Tanz der Teufel" ("The Evil Dead", USA 1981) angelehnte Video ist zwar narrativ angelegt, aber ohne Bezug der Erzählung zum Songtext. Stattdessen konzentriert sich Gondry auf die Gestaltung einer Traumwelt mit surrealistischen Motiven. Dazu gehören niedrige Decken, ein überdimensioniertes Telefon, Bratpfannen-Slapstick und Verfremdungseffekte. Hinzu kommen beschleunigte Aufnahmen oder Zeitlupen (Glossar: Zum Inhalt: Zeitraffer/Zeitlupe) und der Einsatz analoger Zum Inhalt: Spezialeffekte, wenn sich etwa das Bett des Paars in ein Schlagzeug verwandelt.
Filmsprachliche Umsetzung: Surrealistische Motive
Gondry greift häufige surrealistische Themen wie die Darstellung sexueller Ängste und Begierden, Gewalt sowie die Beschäftigung mit Traumwelten auf und setzt diese in einer entsprechend surrealen Bildsprache um. Der Videoclip wechselt stetig zwischen der Realitätsebene und den Träumen, bevor beides ineinanderfließt. Ästhetisch getrennt sind die Ebenen zunächst durch die Wechsel zwischen Schwarz-Weiß und Farbe (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung). Viel Augenmerk liegt auf den Szenenwechseln, die Gondry mit händischen Effekten und Zum externen Inhalt: Match-Cuts (öffnet im neuen Tab) umsetzt, wenn er etwa vom großen Traumtelefon auf das im Schlafzimmer schneidet. Besonders auffällig sind die wiederholten "wässrigen" Zum Inhalt: Überblendungen, die das Motiv einer verschwimmenden Aufnahme zur Anzeige eines Traums wörtlich umsetzen, indem Wasser vor der Kameralinse herunterfließt. Die originellen Übergänge verzerren die Realitätswahrnehmung und stehen damit ebenso in der surrealistischen Tradition.
Fragen für ein Filmgespräch
Welche surrealistischen Gestaltungselemente des Musikvideos sind euch besonders aufgefallen?
Beschreibt die Übergänge zwischen den Erzählebenen und überlegt, wie diese ohne digitale Effekte umgesetzt wurden.
Besprecht die generelle visuelle Gestaltungsfreiheit von Musikvideos, die Gondry durch die Loslösung von den Lyrics verstärkt. Optional könnt ihr eigene Clips erstellen, um die Überlegungen auszutesten.