Bildungsrelevant, weil der israelische Dokumentarfilm die traumatischen Folgen des Terrors vom 7. Oktober empathisch begreifbar macht.

Die Geschichte: Zwei Brüder, durch den Terror getrennt

David und Eitan Cunio sind Zwillinge, waren immer zusammen. Seit dem 7. Oktober 2023 weiß Eitan nicht einmal, ob sein Bruder noch lebt. Beim Überfall der Terrorgruppe Hamas auf ihren Kibbuz Nir Oz wurde er mit Frau und Kindern entführt. Letztere kamen durch einen Geiselaustausch nach 52 Tagen frei, David hingegen befindet sich vermutlich immer noch im Gazastreifen, nur zwei Kilometer weit weg "und doch Lichtjahre entfernt". Kaum zu glauben, dass sie sogar zusammen in einem Film gespielt haben: Aufgrund ihrer Ähnlichkeit castete sie der israelische Regisseur Tom Shoval für "Youth "(Hanoar, IL/DE/FR 2013), die Brüder hatten keinerlei Schauspielerfahrung und riesigen Spaß. Ausschnitte des Zum Inhalt: Spielfilms und nebenbei entstandenes Material hat Shoval nun in einen Zum Inhalt: Dokumentarfilm integriert, der die Erinnerung an David wachhalten soll.

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Filmische Umsetzung: Filmbilder vergangenen Glücks als schmerzhafte Erinnerung

"A Letter to David" ist ein einmaliges Filmexperiment, dem Zufall geschuldet und doch von großer Dringlichkeit. Wie auch im Leben sind die Brüder fast immer zusammen zu sehen, ob bei Probeaufnahmen oder in Behind-the-scenes-Material für ein geplantes Making-of, das damals nicht zustande kam. Im Privatvideo zeigt David stolz den Kibbuz und weist auch kurz nach Gaza, in der Ferne sichtbar. Über zehn Jahre später führt Eitan durch das, was von ihrem "Paradies" (wie sich "Nir Oz" übersetzen lässt) nach dem 7. Oktober 2023 übrig blieb. Eines der niedergebrannten Häuser ist sein eigenes, bis zur letzten Sekunde harrte er mit seiner Familie darin aus. Mehrere ihrer Freunde/-innen kamen am 7. Oktober ums Leben oder starben in Geiselhaft. Die Folgen dieses Tages sind allen Beteiligten anzusehen; auch die Eltern Silvia und Luis Cunio, 1988 aus Argentinien eingewandert, sind zermürbt vom jahrelangen Warten. Eine bittere Ironie der Geschichte liegt in den eingespielten Zum Inhalt: Szenen aus "Youth": Der Film thematisiert, wenn auch unter völlig anderen Umständen, eine Geiselnahme.

Thema: Kampf gegen das Vergessen ohne Polarisierung

Auf der Berlinale, wo "A Letter to David" 2025 – wie zuvor auch "Youth" – Premiere feierte, erregte der Film großes Aufsehen. Im Jahr davor hatte es die Festivalleitung unterlassen, dem Schauspieler David Cunio ihre Solidarität auszudrücken. Shovals Film enthält sich jeder Polarisierung, lässt den politischen Kontext des 7. Oktober mit seinen katastrophalen Folgen außen vor und zeigt auch keine Bilder der brutalen Attacken. In seinem sehr persönlichen Filmbrief an den vermissten Freund reflektiert der Filmemacher vielmehr sein Verhältnis zu den beiden Brüdern und die traumatischen Erfahrungen der Angehörigen. Der heute schmerzhafte Blick auf die Zweisamkeit der Zwillinge, so jäh getrennt, weckt Empathie für die Opfer – und erinnert zugleich an die Bedeutung jedes Menschenlebens.

Fragen für ein Filmgespräch:

  • Wie werden die Ereignisse vom 7. Oktober 2023 im Film thematisiert?

  • "A Letter to David" kompiliert mehrere Bildzeugnisse der Brüder. Worum handelt es sich dabei genau? Wie wird das Verhältnis der Zwillinge darin sichtbar?

  • Viele Geiselangehörige in Israel fordern ein Ende des Gaza-Kriegs. Warum wird der Krieg im Film nicht thematisiert?

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