Schon vor zwei Jahren hat Roland Emmerichs Endzeitfilm
2012 (USA 2009) den uralten Kalender der Maya, der angeblich den Weltuntergang für den 21. Dezember 2012 vorhersagt, über esoterische Zirkel hinaus bekannt gemacht. Im vorliegenden Dokumentarfilm von Frauke Sandig und Eric Black klärt nun ein Maya selbst diese irreführende Interpretation auf: Am 21. Dezember beginnt der Überlieferung nach einfach der nächste Zyklus der Zeit. Der Film porträtiert sechs junge Maya aus Mexiko und Guatemala, die Einblicke gewähren in ihren Alltag, ihre Zeremonien und Weltsicht, und die ihre Frustration über die Bedrohung ihrer Kultur bekunden.
Verknüpft werden die Schilderungen der Maya durch imposante visuelle Impressionen der geschundenen Landschaften,
Totalen übrig gebliebener Naturschönheiten, die oft eine meditative Ruhe ausstrahlen. Der eindringliche Erzählduktus spiegelt zugleich die universelle Kraft der Maya-Gemeinschaft, die ihre Lebenswelt als Teil eines mystischen Naturkosmos begreift. Große Aufmerksamkeit widmen die Autoren/innen dem Raubbau an der Natur, der die Lebensgrundlagen der bäuerlichen Bevölkerung untergräbt. Während die Kamera einmal über eine weitgehend abgeholzte Ebene
schwenkt, berichtet ein Maya, dass im mexikanischen Bundesstaat Chiapas in 30 Jahren mehr als zwei Drittel des Regenwaldes zerstört worden seien.
Die Zugehörigkeit der meisten Maya zur armen Unterschicht bietet im Geschichtsunterricht vielfältige Ansätze, um die bis heute fortwirkenden sozialen Folgen des Kolonialzeitalters aufzuzeigen. Der Film liefert zudem viele Anknüpfungspunkte für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den spirituellen und religiösen Traditionen der indigenen Bevölkerung. So beschreibt ein Maya anhand des heiligen Ceiba-Baumes die Götterwelt seines Volkes, die das Wurzelwerk ebenso bewohnt wie die Baumwipfel. Im Schlussdrittel liefert der Widerstand der Indios gegen die Zerstörung ihrer Umwelt Denkanstöße für die Fächer Sozialkunde und Geografie: In Guatemala stemmen sich Dorfgemeinden gegen die Betreiber einer Mine, die zur Goldgewinnung Zyanid einsetzen und das Trinkwasser vergiften. Und vermummte Zapatisten kritisieren, dass der billige genmanipulierte Mais eines US-Konzerns die einheimischen Bauern ruiniert.
Autor/in: Reinhard Kleber, 30.11.2011
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