Undine gibt als studierte Historikerin Führungen in der Senatsstelle für Stadtentwicklung. Als sie von ihrem Freund Johannes verlassen wird, droht sie ihm mit dem Tod – so will es die Bestimmung des mythischen Wasserwesens, das sich hinter ihrer Alltagsexistenz verbirgt. Doch innerlich kämpft Undine gegen ihren Fluch. Als sie sich in den verträumten Industrietaucher Christoph verliebt, will sie nicht mehr zurück ins Wasser, aus dem sie einst kam. Voller Neugier und Vertrauen entdecken Undine und Christoph einander, tauchen ein in die Arbeit des anderen, teilen ihre Fantasien und Träume. Doch als Johannes zu ihr zurück will, ruft das Schicksal nach seiner Erfüllung.
Regisseur Christian Petzold erklärt
Undine zum ersten Teil einer geplanten Trilogie über Figuren der deutschen Romantik (auf das Element Wasser folgen demnach Luft und Erde). Aufschlussreich für seine moderne
Adaption des Sagenstoffs sind vor allem die
Schauplätze: Der neogotische Bau des Märkischen Museums in Berlin, wo Undine detaillierte Vorträge zur Stadtgeschichte hält, verankert ihre Figur in der romantischen Tradition. Vorherrschend ist allerdings die kühle Nachwendearchitektur der Stadt, in der sich die junge Liebe behaupten muss. Selbst der idyllische Waldsee, in dessen Tiefen Christoph als Industrieschweißer arbeitet, ist in Wahrheit ein Stausee. Auch wenn der Verliebte dort immer wieder Undine zu begegnen scheint, bleibt der Wahrheitsgehalt des Mythos vage. Ist alles nur Einbildung? Petzold beschwört die magische Kraft der Liebe in einer entzauberten Welt.
Undine, Trailer (© Piffl Medien)
Undine ist ein guter Einstieg in das Werk Christian Petzolds. Als einer der wichtigsten deutschen Regisseure verbindet er regelmäßig einen vordergründig nüchternen Stil mit einer großen Offenheit für das Irrationale. In den künstlerischen Fächern der Oberstufe kann der Mythos der Undine ergründet werden, der vor allem durch eine Novelle des deutschen Dichters Friedrich de la Motte Fouqué (1777-1843) populär wurde, aber auch ein Gedicht der modernen Lyrikerin Ingeborg Bachmann ("Undine geht") inspirierte. Dabei lässt sich auch allgemein auf das Thema Mythen eingehen, deren Entstehung sich von ständiger Umschreibung und Neuinterpretation kaum trennen lässt. Ein Grund dafür, dass sie über lange Zeit Gültigkeit behalten und Grundlage der modernen Fantasy. In filmsprachlicher Hinsicht kann erörtert werden, durch welche Mittel die Regie hier immer wieder Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen lässt.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Philipp Bühler, 03.03.2020, Vision Kino 2020.
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