Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet
Steve Jobs von Danny Boyle mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus. 1984: Im kalifornischen Cupertino steht die Präsentation des neuen Macintosh-Computers unmittelbar bevor. Während der Entwickler Andy Hertzfeld in letzter Minute die Software repariert, begegnet Steve Jobs hinter der Bühne seiner 5-jährigen Tochter Lisa, die er nicht als sein Kind anerkennt. 1988: Vier Jahre später stellt Jobs in San Francisco seinen Lerncomputer NeXT vor, der sich als Flop erweist. Zuvor hatte ihn der Vorstand unter seinem Freund John Sculley aus der eigenen Firma gedrängt. 1998 steht Steve Jobs wieder für Apple auf der Bühne und trifft vor der ausgefeilten Präsentation des iMac unter anderem seine inzwischen 19-jährige Tochter und den Apple-Mitgründer Steve Wozniak, der seine technische Leistung nicht gewürdigt sieht.
In der Jurybegründung heißt es: "Vier Jahre ist es mittlerweile her, dass Steve Jobs, der Mitbegründer und Vordenker von Apple, gestorben ist. In der Zwischenzeit gab es zwei dokumentarische Versuche, dem Charisma und Genie des Computer-Visionärs auf die Spur zu kommen, doch so richtig wollte es bislang nicht klappen, die Aura von Jobs einzufangen. Danny Boyles Drama hingegen gelingt genau dies - eben weil es sich künstlerische Freiheiten herausnimmt, die manchen Apple-Jünger auf eine harte Probe stellen dürften. Denn Boyle ist weit weg von jeglicher Glorifizierung und erfasst die Ambivalenz der Persönlichkeit von Steve Jobs in kongenialer Weise. Das Mutige daran: Die gewählten Zeitpunkte der Erzählung sind zwar bedeutende Wegmarken in der Geschichte von Apple, doch das ist vor allem Insiderwissen. Hinweise auf bedeutende Produkte wie das iPhone oder den iPod findet man nicht bzw. nur in einer Szene, in der Jobs beiläufig erwähnt, dass er für seine Tochter ein Gerät erfinden werde, das es ihr ermögliche, 1000 Songs in der Tasche mit sich zu führen. Danny Boyle ist mit seinem Film ein ebenso komplexes wie dichtes Meisterwerk gelungen, das ähnlich wie David Finchers
The Social Network viel mehr als nur die Biografie eines IT-Pioniers zeigt. Statt sklavisch den gesamten Lebensweg des Apple-Masterminds nachzuzeichnen, beschränkt sich der Film auf drei markanten Stationen, drei Episoden, die jeweils kurz vor einer wichtigen Präsentation stattfinden. In ihnen verdichtet Danny Boyle den Privatmenschen Steve Jobs mit dem Geschäftsmann, den Visionär mit dem rücksichtslosen Machtmenschen, das Genie mit dem skrupellosen Manipulator, den miserablen Familienvater mit dem Guru für seine Anhänger. Die geschlossenen, zeitlich wie räumlich eng begrenzten Szenarien erinnern teilweise in ihrer Dichte und Komplexität an die Situationen, in denen Inarritus
Birdman spielt. Und in der Tat gleichen die Vorbereitungen, bei denen wir Jobs beobachten, der angespannten Atmosphäre vor dem Auftritt eines Darstellers vor dem Publikum. Durch die Kürze der Zeit, die Jobs noch bleibt, und in der verschiedenste Probleme nach einer schnellen Lösung drängen, wird der Pegel der Spannung und Anspannung permanent auf hohem Niveau gehalten, der Druck überträgt sich förmlich auf den Zuschauer und lässt auch jenen Kinobesucher mitfiebern, der über die genaue technische und wirtschaftlichen Hintergründe Apples zu genau diesem Moment nur wenig bis nichts weiß.
Steve Jobs ist viel mehr als nur ein Biopic über ein ambivalentes Genie - er ist Psychodrama, großes Schauspieler-Kino, ein Feuerwerk der funkelnden inszenatorischen Einfälle, der brillanten Dialoge, der geschliffenen Duelle bestens aufgelegter Darsteller, die die Leinwand zum großen Theater werden lassen."
Eine vollständige Liste aller ausgezeichneten Filme befindet sich auf der Website der FBW.
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