Schulische Filmerziehung in Europa
Seit Jahren beschäftigen sich EFA-Konferenzen im Vorfeld der Verleihung des Europäischen Filmpreises mit aktuellen Themen. Nach "Für eine Neue Energie im europäischen Kino" (2000) und "Filmfestivals im Rampenlicht" (2001) stand im Mittelpunkt der Konferenz in Rom im Dezember 2002 das Thema "Filmerziehung". Angeregt wurde das von der European Film Academy (EFA) organisierte Treffen durch italienische Regisseure wie Franceso Rosi, Ettore Scola und Silvio Soldini, die damit die europäischen Kulturminister für die Film- und Medienerziehung im Unterricht und Schaffung entsprechender Curricula sensibilisieren wollten.
Gemeinsames kulturelles Erbe, aber unterschiedliche Pflege
Nach Plädoyers von Francesco Rosi, Stephen Frears, Wim Wenders und Jeanne Moreau, die auf das gemeinsame kulturelle Erbe Film rekurrierten, stellten Horst Walther (Institut für Kino und Kultur, Köln), Vera Gyürey (Ungarisches Filminstitut), Alberto Barbera (Museo Nazionale del Cinema, Turin), Ase Kleveland (Schwedisches Filminstitut), die spanische Regisseurin Rosa Vergés, Ian Wall (Film Education, Großbritannien) und der frühere französische Kulturminister Jacques Lang die Filmerziehung in den einzelnen Ländern vor. Während in Frankreich und England, vor allem aber in Schweden Filmerziehung in Theorie und Praxis im Unterricht verankert ist und für Lehrer Aus- und Fortbildungsprogramme existieren, erschöpft sich der Einsatz von Film in den meisten anderen Ländern oft nur als Appendix von Geschichts-, Kunst- oder Deutschunterricht. Auch in Deutschland hängt Filmerziehung oft genug vom guten Willen der Lehrer ab, die primär aus persönlichem Interesse mit dem Medium im Unterricht arbeiten. Die deutsche Kulturstaatsministerin Christina Weiss betonte die Relevanz von Erkennen, Erfassen und Bewältigen der Bilder als eine der "fundamentalen Kulturtechniken dieses Jahrhunderts" und setzte sich für eine Beschäftigung mit diesem Thema beim nächsten EU-Kulturministerrat ein.
Angestrebter Erfahrungsaustausch
Die EU-Kommissarin für Kultur und Erziehung, Viviane Reding, betonte, jedes Land sei zwar autonom im Bereich Kultur und Erziehung, aber durch den Austausch von Erfahrungen könne ein gemeinsames Level angestrebt werden, ohne die Besonderheiten der einzelnen Schulsysteme zu berühren. Reding machte sich stark für Filmerziehung als integrativem Bestandteil des Schulkanons, nicht zuletzt zur Stärkung des eigenen künstlerischen Ausdrucks und kritischen Bewusstseins gegenüber medialer Manipulation. Speziell das Wissen über europäischen Film fördere bei jungen Menschen auch die Auseinandersetzung mit der europäischen Identität. In diesem Zusammenhang wies sie auf die vom 15. bis 24. November 2002 erfolgreich abgeschlossenen CineD@ys hin. Das Projekt verband zwei Aspekte – die aktive Filmerziehung Heranwachsender und die Werbung für Europas mannigfaltiges cinematografisches Erbe, das seit einigen Jahren eine Renaissance erlebt.
"CineD@ys"
Erfolgreiche Werke wie Vier Hochzeiten und ein Todesfall spiegelten Reding zufolge die europäische Filmtradition wider, die nicht nur innovativ und kritisch, sondern auch zutiefst humanistisch sei. Es gehe darum, diesen Reichtum und diese Diversifikation zu vermitteln, dem Publikum die Möglichkeit zu geben, die Verbindung zwischen dem "europäischen Filmgut von gestern und heute" zu entdecken, Kinder und Jugendliche für europäische Klassiker zu interessieren. An CineD@ys nahmen 55 Kinos und eine Reihe von Kinematheken in 200 europäischen Städten teil. Die Mitgliederkinos von Europa Cinemas veranstalteten Schulaktionen und Sondervorführungen für Kinder und Jugendliche, es gab spezielle Lehrerinformationen, Diskussionen und Gespräche mit Regisseuren und Schauspielern, die das Projekt begleiteten. Die Woche des europäischen Filmerbes zeigte für die einzelnen europäischen Länder repräsentative Filme von Krieg der Knöpfe bis Rom, offene Stadt oder auch eine Buñuel-Retrospektive. In Deutschland beteiligten sich 13 Kinos an der Aktion.
"Kino macht Schule”
Auch in der Bundesrepublik bleibt man nicht tatenlos: Am 20. und 21. März 2003 veranstaltet die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb in Kooperation mit der Filmförderungsanstalt (FFA) den Kongress "Kino macht Schule" im Berliner Palace-Hotel. Politiker/innen, Pädagogen/innen, Filmschaffende und Vertreter/innen der Filmwirtschaft werden dort mit einem Fachpublikum über die Möglichkeit der Erziehung zur Filmkompetenz an den Schulen und sie zu fördern diskutieren.
Langfristiges Ziel ist es, Netzwerke und Projekte zur pädagogischen Umsetzung dieser Idee ins Leben zu rufen. Deshalb soll am Ende des Kongresses eine gemeinsame Erklärung stehen, die den Kultusministerien der Länder Hilfestellung für die Schaffung von Medien-Curricula geben soll. Auf europäischer Ebene findet im November 2003 schließlich noch die "European Conference on Media Education in Europe" in Stockholm statt.
www.europeanfilmacademy.org
www.bpb.de
Autor/in: Margret Köhler, 01.01.2003