1843 wird der 25-jährige Karl Marx in einer linksgerichteten Zeitungsredaktion in Köln festgenommen. Mit seiner Frau Jenny und der kleinen Tochter geht Marx ins Exil nach Paris. Dort lernt er 1844 den kaum jüngeren Friedrich Engels kennen. Zunächst verachtet er den Sohn eines Fabrikbesitzers, der die Verelendung des englischen Proletariats erforscht hat, als Dandy, doch dann freunden sie sich an. Trotz Zensur und Polizeirazzien veröffentlichen sie Schriften, die die sozialen und politischen Missstände analysieren. Nach Machtkämpfen mit Gleichgesinnten gründen sie 1847 in London den Bund der Kommunisten. In dessen Auftrag verfassen sie das Kommunistische Manifest, das 1848 publiziert wird.
Der
biografische Film konzentriert sich auf wenige, aber entscheidende Jahre im Leben von Karl Marx (1818-1883), in denen der Philosoph und sein Kollege Friedrich Engels (1820-1895) die Grundlagen für eine wissenschaftliche Begründung des Sozialismus und Kommunismus legten. Detailreich zeichnet der Historienfilm wichtige Stationen des langen Wegs nach, vor allem den Meinungsstreit mit französischen Frühsozialisten und Anarchisten. Eingeblendete
Handlungsorte wie Köln, Paris, Brüssel, London, Ostende verdeutlichen, dass schon die Keimzelle der späteren Arbeiterbewegung international geprägt war und untereinander ein reger Austausch stattfand. Dem Hauptdarsteller August Diehl gelingt es, Eitelkeiten und die Impulsivität des charismatischen Sozialrevolutionärs ebenso eindringlich darzustellen wie dessen Veränderungswillen.
Der junge Karl Marx, Trailer (© Neue Visionen)
Etliche
Filmszenen mit Diskussionen auf Versammlungen bieten Anlass, die allmähliche Entstehung des historischen Materialismus von Marx/Engels in der kritischen Debatte mit Junghegelianern, Frühsozialisten und Anarchisten nachzuzeichnen. Dazu sollten im Unterricht zunächst die entsprechenden Grundlagen erarbeitet werden. Ergänzend können Gruppenreferate darlegen, was der späte Marx geleistet hat, und hinterfragen, warum sich der Regisseur Raoul Peck auf die Frühphase konzentriert. Damit verbunden ist die Frage nach den langfristigen Folgen des Marxismus. So erfährt man im Abspann zwar, dass kurz nach dem Kommunistischen Manifest die Revolution von 1848 ausbrach und die internationale Arbeiterbewegung aufblühte. Notwendig erscheint jedoch eine Diskussion der Frage, wie später Diktatoren wie Stalin oder Pol Pot Ideen von Marx/Engels für ihre verbrecherischen Ideologien instrumentalisieren und missbrauchen konnten. Und nicht zuletzt: Seit der Finanzmarktkrise 2008 wachsen die Nachfrage nach Marx’ Büchern und das Interesse an seiner Kapitalismuskritik wieder. Wie aktuell sind seine Theorien in Zeiten von Globalisierung, Digitalisierung und Neonationalismus?
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.03.2017
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