Als "Der mit dem Wolf tanzt" 1990 im Kino anlief, kam ihm eine Ausnahmerolle zu. Nicht nur, weil zu dieser Zeit der Zum Inhalt: Western als Zum Inhalt: Genre in Hollywood nahezu keine Bedeutung mehr hatte, sondern auch, weil er Native Americans, denen bislang im Western zumeist die Rolle der Gegenspieler/-innen zukam, aus einem anderen Blickwinkel zeigte. In seinem Debüt als Regisseur spielt Kevin Costner einen Leutnant der Nordstaaten, der sich während des US-amerikanischen Bürgerkriegs im Jahr 1863 freiwillig an einen abgelegen Posten versetzen lässt – an die frontier, der sich stetig nach Westen verschiebenden Grenze zwischen den Siedlungsgebieten der Euro-Amerikaner/-innen und den Territorien der Native Americans. Dort zunächst auf sich alleingestellt, freundet er sich mit den Mitgliedern eines Lakota-Stamms an und wird schließlich sogar in deren Reihen aufgenommen.

Neue Akzente

"Der mit dem Wolf tanzt" ist ein elegischer Spätwestern, der in Landschaftspanoramen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) schwelgt, dabei aber auch mit den bekannten Genreregeln bricht und versucht, neue Bilder zu finden und andere Akzente zu setzen. Geschickt knüpft er zunächst an Stereotypen an, um das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Als Leutnant John Dunbar als einziger Soldat sein Lager auf dem verlassenen Außenposten aufschlägt, hat er noch keine Ambitionen, die in der Umgebung lebenden Lakota kennenzulernen. Er will nur seinen Job machen und seine Ruhe haben – und das heißt auch: Abstand zur indigenen Bevölkerung zu wahren, denen ein diebischer Ruf vorauseilt. In den ersten Begegnungen zwischen Dunbar und den Lakota herrscht folglich auch Skepsis auf beiden Seiten vor.

Während er ihre Neugierde weckt, weil er sich nicht so verhält wie die anderen "Weißen" und anscheinend Freundschaft mit einem Wolf geschlossen hat, ist Dunbar beeindruckt vom Charakter und Erscheinungsbild der Native Americans. Nachdem er Steht-auf-einer-Faust, einer "weißen" Frau aus dem Stamm, das Leben gerettet hat, beginnt eine allmähliche vorsichtige Annäherung. Je mehr Dunbar sich bewährt, indem er etwa auf vorbeiziehende Büffelherden hinweist oder die Lakota gar im Kampf gegen die feindlichen Pawnees unterstützt, desto mehr wird er zu einem Teil der Lakota-Gemeinschaft. Er lernt deren Sprache und entfremdet sich von seiner militärischen Herkunft – bis er sich letztlich festlegen muss, wohin er gehört.

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Bemühen um Authentizität und Zeit für Beobachtungen

Bemerkenswert an "Der mit dem Wolf tanzt" ist die Absicht, insbesondere den Lakota ein Gesicht und eine Stimme zu geben. Sie erscheinen nicht länger als Gegenspieler/-innen, sondern werden als unabhängige Menschen mit einer eigenen Identität inszeniert. In der Besetzung wurde konsequent auf das "Redfacing" verzichtet; sämtliche Darsteller/-innen der Lakota besitzen selbst indigene Wurzeln. Zudem wurden dem Publikum zahlreiche lange untertitelte Dialogpassagen in der Lakota-Sprache zugetraut, was im Hollywoodkino zuvor unüblich war.

Dabei kommt der um knapp eine Stunde erweiterten Filmfassung, die ein Jahr nach dem Start der ersten Fassung auch in wenigen Kinos in Deutschland zu sehen war und später im Fernsehen ausgestrahlt wurde, eine besondere Bedeutung zu. Wo die Zum Inhalt: Dramaturgie des bereits in seiner Originalfassung drei Stunden langen Epos Straffung verlangte, nimmt sich die längere Filmfassung Zeit für Abweichungen, Umwege und Beobachtungen. Sie verweilt ausdauernder bei den Figuren und lässt die Kultur der Lakota noch plastischer werden. Im Vergleich zur Erstfassung ist sogar eine grausame Zum Inhalt: Szene enthalten, die die ansonsten positive Grundzeichnung der Lakota unterläuft und bei Dunbar (und dem Publikum) für Irritationen sorgt.

Stereotype unter anderen Vorzeichen

Mit seiner Darstellung der Native Americans rief Costners Film unterschiedliche Reaktionen hervor. Während teils auch von indigener Seite die Abkehr von alten Stereotypen im Film gelobt wurde – und Kevin Costner gar aufgrund der "herausragenden Darstellung der Lakota Sioux" zum Ehrenmitglied der Rosebud Sioux Tribal Nation ernannt wurde –, warfen andere dem Film vor, historisch nicht akkurat genug zu sein, letztlich die Geschichte eines "weißen Retters" zu erzählen oder schlicht alte Klischees durch neue zu ersetzen.

Für beide Sichtweisen lassen sich Belege finden. Einerseits stellt "Der mit dem Wolf tanzt" einen Gegenpol zu klassischen Western dar und zeichnet die indigene Bevölkerung mit großer Sympathie. Damit einher geht allerdings auch, dass sich – trotz aller gut gemeinten Ansätze – die Stereotype nur verlagern. So lassen sich die Lakota-Figuren im Film überwiegend mit positiv besetzten Eigenschaften wie besonnen, ehrenhaft, aufrichtig und würdevoll beschreiben und das Leben in ihrem Dorf wird geprägt von einem starken Gemeinschaftssinn. Nur bei den Gegnern der Lakota, den Pawnee, greift der Film auf konventionelle Feindbilder zurück: Bei einem Angriff erscheinen die Pawnee durch ihre Gesichtsbemalungen gefährlich, fremdartig und anonym – und greifen zudem hinterhältig an. Ihnen kommt die undankbare Rolle der Eindringlinge zu wie den "Indianern" im klassischen Western.

Es war einmal im Westen

Trotz seines Bemühens um Authentizität erliegt "Der mit dem Wolf tanzt" der Versuchung der Romantisierung. Zum einen ist dies der Handlung geschuldet, deren Zentrum die Liebesgeschichte zwischen Dunbar und Steht-auf-einer-Faust bildet, zum anderen dem verklärenden Blick auf die Natur, der vom emotionalisierenden Filmscore (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik) unterstützt wird. Aus den Bildern und der Geschichte spricht eine große Sehnsucht nach einer Zeit der Unschuld, nach einem Leben in Harmonie mit der unberührten Natur, nach Freiheit und Abenteuer, nach echtem Zusammenhalt, nach Ehre und Anstand. Gerade dadurch wirken die Lakota auf den innerlich wie äußerlich einsamen John Dunbar so faszinierend. Ihre Lebensweise unterscheidet sich nicht nur fundamental von der der weißen Siedler/-innen, sondern wird zu ihrem exakten Gegenpol dramatisiert. Vielleicht funktioniert "Der mit dem Wolf tanzt" aus genau diesem Grund auch heute noch so gut: Weil er von einer heilen Welt träumt. Diese scheinbar ideale Welt ist gefährdet durch jene Menschen, die sich als zivilisiert betrachten und sich doch als die wahren Barbaren erweisen: die weißen Siedler/-innen und Soldaten, die mit Gewalt alles an sich reißen wollen, Tiere aus Spaß töten, die Natur nicht achten und naturnahe Lebensweisen wie jene der Lakota als minderwertig betrachten.

Mit den abschließenden Texttafeln (Glossar: Zum Inhalt: Insert) verweist der Film auf den Niedergang der Lakota-Kultur. Es soll eine Anklage sein. Aber einen Bezug zur Gegenwart schlagen diese Worte nicht. Vor allem trauern sie einem romantisierten Klischee-Bild des Native Americans und des "Wilden Westens" nach.

Wichtiger Hinweis:

"Der mit dem Wolf tanzt" steht als VoD bei amazon, Google Play und iTunes zur Verfügung.

Der Text ist lizenziert nach der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 3.0 Germany License.

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