Das neue Jahr fängt für die Leadsängerin Cookie und ihre Freunde Stretch und Spoon nicht so toll an: Zugedröhnt hängen die drei in ihrem schäbigen New Yorker Apartement. Nach einer Überdosis wird Cookie bewusstlos. Die Freunde schleppen sie auf die Straße und versuchen vergeblich, ein Auto anzuhalten. So müssen sie die Bewusstlose zu Fuß in die Notaufnahme bringen. Krankenversicherung, Sozialversicherungsnummer, Formulare – wäre nicht zufällig ein Arzt zu fassen gewesen, Cookie hätte es nicht überlebt. Nun heißt es warten auf den ärztlichen Befund: Vor der Fototapete einer idyllischen Seenlandschaft verstreicht die Zeit, werden Erinnerungen wach. "Kennst du das, wenn dich das Glück verlässt?", fragt Spoon seinen Freund – und beschließt, clean zu werden. Und weil Stretch nichts ohne Spoon tut, schließt er sich an. Bevor sie "auf Entzug gehen", wollen sie sich einen letzten Schuss setzen – doch daraus wird nichts: Der Dealer hat Probleme mit dem Nachschub, und außerdem gibt es noch zwei finstere Typen, die sich nach einem Streit an ihre Fersen heften. Vom Straßendschungel geraten die beiden in den Dschungel der Bürokratie, immer auf der Suche nach einer 'Medicaid'-Karte, dem amerikanischen Schlüssel für medizinische Versorgung. Ohne Karte kein Entzug, doch mit HIV-Test soll es schneller gehen. Dieselbe Absurdität in einem Krankenhaus: Sie befolgen die Vorschriften ziehen Nummern und erfahren nach langer Wartezeit, dass sie in das betreffende Programm nicht aufgenommen werden. Ihr Spießrutenlauf führt sie von Behörde zu Behörde, immer auf der Suche nach der Karte: "Ohne Sozialhilfe keine Medicaid, Regeln sind Regeln!" Der Stress schürt ihr Verlangen nach dem tröstenden Stoff. Aber der Drogenlieferant ist inzwischen ermordet worden, und die Cops glauben, Spoon und Stretch hätten ihn umgelegt. Nun ist neben den Drogengangstern auch noch die Polizei hinter ihnen her. Der Entzugs-Passierschein wäre die Rettung. Endlich geraten sie an die richtige Adresse: riesige, kärglich möblierte Wartesäle, gestrandete Existenzen, neue Formulare. Es ist kurz vor Dienstende; einen Termin können sie bekommen, aber keine Medicaid-Karte, auch keine provisorische – es sei denn, sie wären HIV-positiv. "Bin ich doch!", eröffnet Stretch seinem Freund. Als Cops die beiden verhaften wollen, bricht das Chaos aus. Nur ein Zufall rettet sie vor der Festnahme, weil plötzlich ein Blinder seiner Wut über die erlittenen Demütigungen und Vertröstungen im Behördenalltag Luft verschafft. Stretch bekommt einen Streifschuss ab, was Spoon auf die rettende Idee bringt: Als Notaufnahme-Patient müsste man in das Entzugsprogramm kommen. Während Cookie gerade versucht, dem Krankenhaus zu entkommen, setzen ihre Freunde verzweifelt alles daran, hineinzukommen ...
Mit seinem teils realistischen, teils komödiantisch überhöhten Stil gelingt es
Gridlock'd, das Thema Drogenkonsum bzw. den Ausstieg aus dem Drogenmilieu ebenso unterhaltsam wie scharf konturiert in seiner sozialen Dimension aufzuzeigen. Als Buddy-Film angelegt, verkehrt er das gängige Muster "körperdominierter, affektgesteuerter Schwarzer gegen rational-intellektuellen Weißen" in "sensibler Afro-Amerikaner gegen verrückt-chaotischen Weißen" und taucht ein in die Welt der Bürokratie, der Formulare und Vorschriften. Das Chaos und die Unstrukturiertheit der Lebenswelt des städtischen Drogenkonsumenten wird mit dem Schematismus und der starren Regelhaftigkeit der sozialen Ordnungssysteme konfrontiert, in denen das individuelle Schicksal im Dschungel der Vorschriften und Fristen leicht verlorengeht. Diese Konfrontation führt ständig zu absurden Situationen, die mit feinem Gespür für Wortwitz und Humor oder auch mal in derber Slapstickmanier ausgespielt werden. Die Sympathie und das Interesse des Films gilt jenen, die das Vertrauen in die Kraft menschlichen Miteinanders und gegenseitiger sozialer Verantwortung nicht verlieren, trotz der Erfahrung staatlicher Macht und eigener Ohnmacht. Ganz wie die Poetry-Songs der Protagonistin findet der Film seinen Rhythmus zwischen langen, ruhigen Einstellungen und temporeichen, nervösen Bildern. Seine besondere Qualität besteht darin, keine Thesen zu illustrieren, seine Figuren nicht auf Träger von Botschaften zu reduzieren, sondern ihnen Glaubwürdigkeit zu verleihen, ihnen Raum für ihre Befindlichkeiten, Träume und auch Macken zu geben, um im Desaster und den Sackgassen des Lebens zu bestehen.
Autor/in: Michael Conrad, Frauke Wiegmann, 08.07.1997