Einführung
Gewalt im Kopf
Stereotype Bilder von Gewalt sind weder im Alltag noch in der Medienproduktion und so auch in den Genrefilmen weniger geworden. Aber inzwischen vermittelt eine Reihe von Filmemachern einen 'neuen', einen anderen Umgang mit medialer Gewalt. Sie reflektieren die Bedingungen des Genre-Kinos und gleichzeitig verändern sie diese, mitunter ausgesprochen lustvoll, wie in Scream – Schrei! Werden die verschiedenen Formen von Gewalt in den hier vorgestellten Kinofilmen damit auch auf eine 'neue' Weise wahrgenommen? Und welche Position soll oder kann der Zuschauer gegenüber dieser Gewalt und ihrer Darstellung einnehmen?
In Wim Wenders neuem Film Am Ende der Gewalt wird Gewalt eindeutig auch als etwas definiert, vor dem man Angst hat, was man als Bedrohung empfindet und zur Konstruktion von 'Feindbildern' veranlassen kann. Filme zurzeit des Kalten Krieges haben sich dieses häufig zu beobachtende Verhalten, nach einem Schuldigen oft außerhalb der eigenen Reihen zu suchen (nicht selten auch, um von eigenen Problemen abzulenken), auf manchmal perfide Weise zu Nutze gemacht. Wesentlich subtiler geschieht das aber genauso heute, wenn die Vorstellungen über Gewalt (so wie sie uns in den Medien täglich serviert werden) und damit über diejenigen, die zur Gewalt greifen, verinnerlicht und nicht mehr auf ihren Wahrheitsgehalt bzw. ihren 'Zweck' geprüft werden (können). Auch wenn wir uns dagegen sträuben möchten: Bilder (von der Gewalt) nehmen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und so auf unser Denken. Sie wirken zumindest indirekt mit, wenn es um die Beurteilung in der Gesellschaft geht, wie und mit welchen Mitteln (auch strafrechtlichen Mitteln) der alltäglichen Gewalt zu begegnen sei, welche Situationen und Personenkreise einem Angst einflößen, wie wir potenzielle Täter und auch Opfer zu beurteilen lernen.
Zum Thema der Gewalt, ihrer Entstehung und ihrer Darstellung in den Medien siehe ggf. auch den AV-Mediendienst 9/94, die Arbeitshilfe "Zündstoff – Kino der Gewalt" sowie den AV-Mediendienst 2/95.
Autor/in: Holger Twele, 12.12.2006