Interview
Deutsche Geschichte pur ...
Ein Gespräch mit Joseph Vilsmaier
Das Interview führte Margret Köhler.
Interviewpartner: Joseph Vilsmaier
Vor ungefähr zweieinhalb Jahren hatten Sie die Idee zu Comedian Harmonists, anderthalb Jahre dauerte die Vorbereitung. Was interessierte Sie so stark an diesem Projekt?
Die erste Bekanntschaft mit den Comedian Harmonists machte ich schon 1953 über ihre Schellack-Platten, ihre Lieder waren richtige Ohrwürmer. Dann verschwand die Erinnerung in der Versenkung. Vor zweieinhalb Jahren habe ich den beeindruckenden Dokumentarfilm von Eberhard Fechner gesehen und mich in das Thema hineingekniet. Das Schicksal der Comedian Harmonists spiegelt ein Stück deutsche Geschichte wider, das Lebensgefühl der 20er und 30er Jahre. Außerdem möchte ich das einzigartige musikalische Talent dieses Ensembles von sechs Männer vermitteln.
Wie würden Sie Ihren Film bezeichnen?
Deutsche Geschichte pur, angesiedelt zwischen Komödie und Tragödie. Es geht um Sex, Liebe und Leid, um kometenhaften Aufstieg, Erfolg und erzwungene Trennung - und natürlich um ihre wunderbare Musik.
Wie haben Sie recherchiert?
Es gab eine Reihe von Veröffentlichungen, Fechners Dokumentarfilm und natürlich das Buch "Comedian Harmonists – Ein Vokalensemble erobert die Welt" von Professor Dr. Peter Czada, dem Nachlassverwalter der Gruppe. Ich habe auch Roman Cycowsky, den einzigen Überlebenden der Comedian Harmonists in Palm Springs besucht. Der inzwischen 97-Jährige hat mir wunderbare Geschichten erzählt.
Haben Sie konventionell gedreht oder auch mit Spezialeffekten und Digitalisierungen?
Im Jahre 1934 wurden die Comedian Harmonists von der amerikanischen Admiralität eingeladen und sangen auf dem Flugzeugträger Saratoga vor 4000 Menschen. Wir hatten nur ein paar hundert Leute von der Navy mit Originaluniformen und einen riesigen Flugzeugträger. Die Szene haben wir drei-, viermal gedreht und dann digital bearbeitet, um den Effekt von 4000 Menschen zu erzielen. Ansonsten wollte ich den Film nicht übertechnisieren. Das Berlin der späten 20er Jahre ist ein menschliches Thema und sollte einen gewissen Schwung und eine Leichtigkeit ausstrahlen.
Wie kommt es, dass Sie sich bevorzugt mit Themen der Vergangenheit beschäftigen?
Vielleicht aus meiner positiv erlebten Kindheit heraus, die Nachkriegszeit hat mich geprägt. Da herrschte Aufbruchstimmung, gingen die Menschen ganz anders miteinander um als heute ...
Autor/in: Margret Köhler, 12.12.2006