Für den dänischen Kompanieführer Claus Pedersen und die ihm unterstellten Soldaten lauert der Tod hinter jeder Ecke. Die Soldaten patrouillieren durch das öde afghanische Hinterland, wo sie jederzeit in eine Sprengfalle oder einen Hinterhalt der Taliban geraten können. Als der Trupp im Verlauf einer Routinemission unter feindlichen Beschuss gerät, trifft der ansonsten bedachte Soldat im Stress eine folgenschwere Entscheidung: Ein von ihm angeforderter Luftangriff auf ein Gebäude soll einem verwundeten Kameraden das Leben retten, bringt unbeabsichtigt jedoch den Tod afghanischer Zivilisten/-innen mit sich. In der dänischen Heimat hadern Pedersens Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder derweil mit der Abwesenheit des Vaters. Zurück in Dänemark, muss sich Pedersen vor einem Kriegsgericht verantworten.
Das Antikriegsdrama wirft ethische und moralische Fragen auf, die sich vielfach um die Frage drehen, in welcher Weise der "War on Terror" in Afghanistan (und Krieg allgemein) das Leben der Soldaten und den Alltag in der Heimat beeinflussen. Das Politische greift ins Private, wenn die
Montage das Kriegsszenario mit dem zerrütteten Alltag der Familie Pedersen verschränkt. Die dokumentarisch wirkenden Handkamerabilder entfalten sowohl bei den Kriegs-, als auch bei den Familien- und Gerichtsszenen eine spannungsreiche Sogwirkung. Darstellerisch wirkt vieles improvisiert, was die Fragen rund um die gesellschaftliche und moralische Verantwortung des Einzelnen auch filmsprachlich in der Realität verankert. Auch wenn das
Drehbuch tendenziell Partei für das Dilemma des Protagonisten ergreift, der erst im Krieg und dann in der Heimat ins Kreuzfeuer gerät, schließt allein schon die Ästhetik eine simple Glorifizierung des Soldatentums aus.
Die klassische Etablierung des Kriegssettings macht die Stresssituation nachvollziehbar, in der Pedersen seine Entscheidung trifft, bevor die Zwickmühle vor Gericht eine Art Realitätsabgleich mit sich bringt. Einerseits erscheint es als eine unlösbare Aufgabe der Gerichtsbarkeit, die in einer Extremsituation getroffene Entscheidung zu verurteilen. Andererseits wäre es ebenso unglücklich, den fatalen Luftschlag schlichtweg so stehen zu lassen. Ein offenes Unterrichtsgespräch sollte hier anknüpfen und das (unauflösbare?) moralische Dilemma umkreisen, das der Film selbst unbeantwortet lässt. Die filmische Umsetzung, die mit der Handkamera und der reduzierten
Musikspur ein dokumentarisches Dabeisein suggeriert, kann ein Gespräch über das Zusammenspiel von Inhalt und Form anregen.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Christian Horn, 06.04.2016, Vision Kino 2016.
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