Inhalt
Paris, 1912 - um das Leben ihrer Schwester zu retten, begibt sich die mutige und abenteuerlustige Journalistin Adèle Blanc-Sec auf die Reise nach Ägypten. Dort sucht sie nach der Mumie des Leibarztes von Ramses II, die über magische Heilkräfte verfügen soll. Ihr Gegenspieler, der düstere Professor Dieuleveut, behindert sie dabei nach Kräften. Zur gleichen Zeit schlüpft im Pariser Naturkundemuseum ein prähistorischer Flugsaurier aus seinem Ei und versetzt die Stadt in Aufruhr. Daran beteiligt ist der berühmte Professor Esparandieu, den Adèle, zurück vom Nil, braucht, um die Mumie wieder zum Leben zu erwecken. Vorher muss sie ihn aber noch vor dem Schafott und dem Zugriff Inspektor Caponis und seiner Schergen retten.
Umsetzung
Eine Comicverfilmung bedarf ganz eigener Kunstfertigkeiten: einerseits sollten der Duktus und die Rhythmisierung der Vorlage erkennbar bleiben, andererseits müssen wirkliche Menschen im dreidimensionalen Raum überzeugend agieren können. Regisseur und Drehbuchautor Luc Besson gelingt dieses in weiten Teilen. Er hat sich schwerpunktmäßig zweier Comicbücher der bekannten Reihe von Tardi angenommen, um sie einem internationalen Publikum bekannt zu machen. Das Ergebnis bietet weniger Action als US-amerikanische Comicadaptionen, dafür aber umso mehr den kontinentalen Charme einer typisierten Belle Epoque. Sein Adèle-Abenteuer ist höchst unterhaltsam, dramaturgisch jedoch etwas gleichförmig angelegt – statt eines durchgehenden Spannungsbogens taucht man eher hin und wieder in eine Episode ein. Die Figuren wirken so wie der ganze Film eher skurril, wobei die Maske leider manchmal etwas zu theaterhaft ins Bild gerückt wird. Als Gesamtkunstwerk ist Bessons Film jedoch meist stimmig, die Schauspieler wirken motiviert, das Drehbuch heiter bis witzig – und man möchte mehr über Frankreichs Heldin der Jahrhundertwende erfahren.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Ein großes Plus der Geschichte ist die ungewöhnliche Protagonistin, die durch ihre Wandlungsfähigkeit zum Nachdenken über Geschlechterrollen im Lauf der Zeiten und Kulturen anregt. Der Vergleich mit den meist männlichen Helden bekannter Comics stellt wohl einen der wichtigsten Themenpunkte dar. Dadurch, dass die Geschichte(n) in einer vergleichsweise prüden Epoche angesiedelt sind, kann man sich auf den Esprit und die Kunstfertigkeit der Heldin konzentrieren, ohne die vordergründige Darstellung sekundärer Geschlechtsmerkmale (wie bei Catwoman oder Supergirl) als emanzipatorisch abschwächendes Element immer vor Augen haben zu müssen. Neben der Untersuchung der Geschlechterrollen und männlicher bzw. weiblicher Heldenideale sind für den Geschichtsunterricht die Behandlung der europäischen Jahrhundertwende und des alten Ägypten sowie für den Kunstunterricht der Vergleich der Comicvorlage mit der Filmadaption von curricularem Interesse. Für den Französischunterricht empfiehlt sich die Originalfassung, die durch gut verständliche Sprache, geistreiche Dialoge und ein interessantes Bild der Belle Epoque überzeugt.

Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Dr. Martin Ganguly, 10.07.2010, Vision Kino 2010.