Inhalt
Seit elf Jahren lebt die 16-jährige Valentina mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in Deutschland. Während die Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo auf eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung wartet, widersetzt sich Valentina trotzig allen Einschränkungen. Sie schwänzt die Schule, legt sich mit anderen Mädchen und der Polizei an und hängt mit ihren Freundinnen herum. Suli, Diana, Yasi und die anderen Mädchen der "Harras Ladies" bezeichnen Valentina als Chefin – ein Titel, den sie ebenso gerne zurückweist wie ausfüllt. Auf den Bolzplätzen außerhalb des Asylbewerberwohnheims am Rande Münchens toben Valentina und ihre Freundinnen sich aus und denken abgeklärt über ihre Träume und Hoffnungen nach. Viele Entscheidungsmöglichkeiten allerdings scheinen sie nicht zu haben: Valentina muss wegen einer Schlägerei demnächst für einen Monat in den Jugendarrest, und einen Job wird sie ohne dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung nicht bekommen.
Umsetzung
Alexander Riedel und sein Kameramann Martin Farkas dokumentieren den Alltag von Valentina und ihrer Clique in teils spielfilmartigen Bildern. Mit ungewöhnlichen Perspektiven und Lichtstimmungen, wie etwa Gegenlichtaufnahmen, eröffnen sie eine neue Sichtweise, die sich deutlich von einer faktenorientierten Berichterstattung distanziert. Trotz der Nähe zu den Protagonistinnen wirkt Riedels Film weder reißerisch noch voyeuristisch. Vielmehr beobachtet er beiläufig und genau und lässt Valentina auch die Freiheit zur spielerischen Selbstinszenierung vor der Kamera. Der Regisseur ist zwar nie im Bild zu sehen, tritt aber auch als unsichtbares Gegenüber mit Valentina in einen Dialog oder wird von der Mädchengruppe direkt angesprochen. Es wird nie versucht, die (außergewöhnliche) Situation der Dreharbeiten zu verschleiern.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Im Mittelpunkt des Dokumentarfilms stehen weder die Geschichte von Valentinas Familie noch soziale Hintergründe. Alexander Riedel interessiert sich stattdessen für Valentinas Alltag und den Augenblick, für ihre gegenwärtigen Gefühle und Hoffnungen für die Zukunft. Der Film nimmt eine Sicht auf Jugendliche ein, die sonst entweder überhaupt nicht zur Sprache kommen oder in den Medien nur plakativ dargestellt werden. Indem er deutlich macht, wie Valentina auf das Leben in ständiger Unsicherheit, auf Ausgrenzung und Vorurteile reagiert, sensibilisiert er für die Lebenswirklichkeit und Identitätsbildung von Jugendlichen, die nicht nur am Rande der Stadt, sondern auch am Rande der Gesellschaft leben. Insbesondere im Sozialkundeunterricht bietet sich daher eine Diskussion des umstrittenen Begriffs der "Parallelgesellschaften" an sowie eine Beschäftigung mit Ursachen für Migrationsbewegungen. Im Fach Religion/Ethik können anhand des Films Fragen nach sozialer Gerechtigkeit, nach Wertmaßstäben sowie gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen einerseits, persönlicher Freiheit und notwendiger Anpassung andererseits behandelt werden.

Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Stefan Stiletto, 03.03.2008, Vision Kino 2008.