Kinostart: 20.08.1998 Distributionsform: DVD, Blu-ray, VoD Verfügbarkeit: Filmjuwelen (DVD, Blu-ray), Prime Video, ARD Plus, Joyn, Apple TV u.a. (VoD) Regie und Drehbuch: Tom Tykwer Darsteller/innen: Franke Potente, Moritz Bleibtreu, Herbert Knaup, Armin Rohde, Joachim Król, Nina Petri, Suzanne von Borsody, Lars Rudolph, Ludger Pistor, Sebastian Schipper u.a. Kamera: Frank Griebe Laufzeit: 81 min, Deutsche Originalfassung, OmeU Format: Farbe/Schwarz-Weiß, 35 mm, 1,85:1 Filmpreise: Bayerischer Filmpreis 1998; Deutscher Filmpreis 1999 (u.a. für den Besten Film und Publikumspreis); Sundance Film Festival 1999: Publikumspreis als Bester ausländischer Film FSK: ab 12 J. Altersempfehlung: ab 13 J. Klassenstufen:ab 8. Klasse Themen:Filmsprache, Filmgeschichte, Musik, Popkultur, Liebe Unterrichtsfächer:Deutsch, Medienkunde, Kunst, Philosophie, Darstellendes Spiel
Berlin im Sommer '98. Als Kurier des Autoschiebers Ronnie hat der kleinkriminelle Manni eine Plastiktasche mit 100.000 Mark in der U-Bahn liegen lassen, die sich ein Obdachloser unter den Nagel reißt. Jetzt bleiben nur 20 Minuten, um das Geld zu beschaffen, sonst ist es sehr wahrscheinlich, dass der Gangsterchef Manni tötet. Völlig aufgelöst ruft der Verzweifelte seine Liebe Lola an, die ihm helfen will, irgendwie. Womöglich kann ihr Vater, der Bankdirektor ist, das Geld auftreiben. Also rennt Lola los, gegen die Zeit, zur Bank und zu Manni, der um Punkt 12 einen Supermarkt überfallen will. Auf der Straße trifft Lola beiläufig auf eine Hausfrau, einen Fahrraddieb und einen Geschäftsfreund des Vaters, was vielleicht Zufall ist, vielleicht Schicksal. Am Ende läuft alles schief. Zweimal. Und zweimal startet der Parcours in einer Zeitschleife wieder von vorn, jeweils vom selben Anfangspunkt aus, nur leicht verändert. Der dritte Durchlauf führt zum großen Happy End für Lola und Manni.
Lola rennt steht von Anfang an unter Strom. Zu treibender, elektronischer MusikinszeniertRegisseur Tom Tykwer ein rasantes Kinostück zwischen Action und Romantik, das vor allem aus Rhythmus und Bewegung besteht. Ganz postmodern würfelt Tykwer sämtliche Stilmittel zusammen, die das Kino zu bieten hat, darunter Splitscreens, Zeitlupen und -raffer, diverse Schnitttechniken, Vorausblenden, die das künftige Leben einzelner Randfiguren in raschen Foto-Serien zeigen, außerdem Zeichentrick-Sequenzen und Formatwechsel zwischen 35mm- und Videobildern in Farbe und Schwarzweiß. Frank Griebe führt die Kamera sehr dynamisch, zeigt Lola im fliegenden Wechsel von der Seite, von vorne oder von oben und wirbelt um die Figuren herum. Zusammengehalten wird die schnelle Bildfolge, die Druck und Stress vermittelt, von der einfachen Prämisse und Mathilde Bonnefoys innovativer Montage. Das Skript jongliert mit Themen wie Zeit, Zufall und Schicksal, ohne tiefschürfend zu sein – der als Run Lola Run auch international gefeierte Film lebt vor allem von der packenden Machart.
Tom Tykwer umschrieb die Erzählstruktur von Lola rennt als "konstruiertes Chaos". Eine Analyse in den Fächern Deutsch oder Kunst kann diese Einschätzung aufgreifen und die Struktur näher untersuchen. Ein Vergleich der drei rund 20-minütigen Durchgänge, die den Ablauf im Sinn des "Schmetterlingseffekts" – also der physikalischen Annahme, dass kleinste Abweichungen große Auswirkungen andernorts haben können – variieren und durch kurze Zwischenszenen separiert sind, regt ein Gespräch über die Konzepte von Kausalität, Schicksal und Zufall an. Fruchtbar ist natürlich auch eine Auseinandersetzung mit der kreativen Ästhetik, darunter die Kameraführung, das Farbkonzept und insbesondere die Montage, die Zusammenhalt stiftet. Als Referenzpunkte können filmische Vorbilder wie Rashomon – Das Lustwäldchen (Rashōmon, JP 1950) von Akira Kurosawa und Der Zufall möglicherweise (Przypadek, PL 1981) von Krzysztof Kieślowski dienen. Zudem sollte der Film als Teil der (deutschen) Filmgeschichte verortet werden. Tykwer zitiert unter anderem Metropolis (DE 1927) von Fritz Lang und Alfred Hitchcocks Vertigo – Aus dem Reich der Toten (Vertigo, USA 1958) – inzwischen gilt Lola rennt selbst als moderner Klassiker.