Sevillas Barrio hat mit der Postkartenidylle andalusischer Städte nichts gemein. In den ärmlichen Stadtrandsiedlungen liefern sich Gangs brutale Schlachten, werfen die Jugendlichen Schaufenster ein und bestehlen Passanten/innen, um ihren Teil von der schönen bunten Warenwelt abzubekommen. In diesem Milieu genießt Tano sein Leben für kurze Zeit in vollen Zügen. Der 16-Jährige hat 48 Stunden Heimaturlaub von der Besserungsanstalt, weil sein älterer Bruder Hochzeit feiert. Statt sich jedoch an den Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zu beteiligen, zieht Tano mit seinen Freunden/innen umher und nimmt dabei weder Rücksicht auf seine Familie noch leistet er den Auflagen der Polizei Folge.
Ohne seine Helden zu bemitleiden, erzählt Regisseur Alberto Rodríguez vom Leben der für die Mittelschicht unsichtbaren Straßenkids. Er selbst wuchs in Sevilla auf und kennt das Milieu, vermeidet es allerdings, den sozialpolitischen Kontext aufzuzeigen. Stattdessen bleibt er mit der Kamera dicht an den Jugendlichen in ihrer Sorg- und Verantwortungslosigkeit. Sie wollen jedenfalls nicht so enden wie diejenigen, die sich in der Hähnchenbraterei ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, weil sie mangels Ausbildung und Stellenangeboten keinen besseren Job finden können. Also nehmen sie mit kriminellen Methoden, was sie auf legale Weise nicht erhalten können. Des Abends richten sie sich in einer heruntergekommenen Bauruine mit ihrer Diebesbeute so ein, wie sie es sich erträumt haben. Doch der jugendliche Übermut kann immer nur für Momente ihre Perspektivlosigkeit überdecken. Leider schwankt der Film etwas ziellos zwischen unbekümmerter Unterhaltung und sozialkritischem Problemfilm hin und her und vermeidet dramaturgische Konsequenzen. Egal was Tano auch macht, er entkommt immer wieder in letzter Sekunde dem Zugriff der Polizei. Erst ganz am Ende wird er von der Brutalität seines Stadtviertels eingeholt. Allerdings endet an dieser Stelle auch die Geschichte. Tano findet für den ersten Moment eine einfache Lösung. Doch die spannende Frage nach seiner weiteren Entwicklung bleibt unbeantwortet.
Autor/in: Dinah Münchow, 07.11.2006