Ein junger US-Amerikaner reist in die heutige Ukraine, um die Frau zu suchen, die während des Zweiten Weltkriegs seinem jüdischen Großvater das Leben rettete, als die Nazis ein ganzes Dorf dem Erdboden gleich machten und die jüdische Bevölkerung töteten. Ein geschäftstüchtiger junger ukrainischer Dolmetscher und dessen verschrobener Großvater, der seine traumatischen Erlebnisse aus jener Zeit weder verarbeitet noch seinen Nachkommen erzählt hat, begleiten den Amerikaner auf dieser Reise in die Vergangenheit und finden zurück zu gemeinsamen Wurzeln. – Der bislang vor allem als Schauspieler arbeitende Regisseur Liev Schreiber verfilmte in seinem Debütspielfilm einen Roman von Jonathan Safran Foer. Die Geschichte dieses Romans erinnerte ihn stark an eigene biografische Erfahrungen seines Großvaters. Schreiber inszenierte seinen Film daher auch nicht aus der Perspektive des mit Anzug, Krawatte und dicker Hornbrille bei der Anreise vollkommen deplaziert wirkenden und unter einem Kulturschock leidenden Amerikaners, der in der Fremde nach seinen Wurzeln sucht. Vielmehr stehen die Einheimischen im Mittelpunkt, die dem zugereisten Fremden ihre Hilfe zunächst nur aus finanziellen Gründen anbieten, sich in ihrer Mentalität und Lebensweise deutlich von ihm und seinen Eigenarten abheben und erst langsam wahrhaben wollen, wie sehr seine Geschichte auch ihre eigene ist. Die poetische Bildsprache, die an osteuropäische Filmtraditionen anknüpft, und die Erzählform eines Road Movies voller skurriler Charaktere, absurder Situationskomik und unerwarteter Wendungen machen den einfühlsam inszenierten vielschichtigen Film zu einem außergewöhnlichen Kinoerlebnis. Zugleich verdeutlicht er, wie wichtig es ist, die Erinnerung an den Holocaust zu bewahren und dabei auch vor unbequemen Fragen nicht auszuweichen.
Autor/in: Holger Twele, 01.12.2005