Eine fünfköpfige Familie lebt allein im Nirgendwo, im Niemandsland und doch nicht allzu weit vom nächsten Dorf entfernt. Mit aus den unliegenden Wäldern gestohlenem Holz produziert die Familie Holzkohle und verdient sich damit ihren Lebensunterhalt, das Wasser wird aus einer illegal errichteten Wasserleitung bezogen. Der Sohn darf manchmal zur Schule gehen, wenn der Vater ihn nicht zu anderen Aufgaben verpflichtet, die Mutter und die beiden Töchter gehen nie außer Haus. Insbesondere gilt das für Gamila, die älteste Tochter. Wegen angeblicher sexueller Verfehlungen hat sie vor vielen Jahren die Ehre der Familie beschmutzt. Nach den Regeln der streng patriarchalisch orientierten Gesellschaft wäre der Vater verpflichtet gewesen, sie zu töten. Aus Liebe zu ihr fand der Vater eine andere Lösung und zog mit der Familie ins Nirgendwo. Niemand dankt es ihm und in der Isolation und der inneren Gefangenschaft werden aus Liebe schließlich Hass und Rebellion. – Tawfik Abu Wael ist Palästinenser mit israelischem Pass. Sein international bereits mehrfach ausgezeichneter Film steht für eine junge Generation palästinensischer Filmemacher/innen, die nicht immer wieder nur den Nahostkonflikt und die Lebensbedingungen ihres Volkes filmisch verarbeiten, sondern als eigenständige Künstler/innen mit freier Themenwahl anerkannt werden möchten. Das politische Klima spielt in Atash keine Rolle, die Gesellschaft taucht gerade mal am Rande in Form eines Hubschrauber-Geräusches, eines Dorfpanoramas, eines Handwerkers oder eines mit Schimpfwörtern beschmierten Esels auf. Ansonsten gibt der Film die reine Innensicht einer Familie wieder, ist das gigantische, in Cinemascope und mit atmosphärisch großartigen Bildern gefilmte Drama einer inneren Blockade, einer überholten Weltordnung, in der für den Vater am Ende kein Platz mehr ist und in der alle Mitglieder zuvor verzweifelt nach Orientierung ringen und ihren eigenen Standpunkt suchen, um den Durst nach Leben und Lebendigkeit zu stillen.
Autor/in: Holger Twele, 01.04.2005