Seit Gründung des israelischen Staates im Jahr 1948 herrscht auch für die Frauen allgemeine Wehrpflicht. Die forsche 18-jährige Smadar und die gleichaltrige zurückhaltende Mirit sind vor wenigen Wochen für 21 Monate einberufen worden. Im Rahmen ihres Militärdienstes müssen sie an den Grenzkontrollpunkten in Jerusalem Leibesvisitationen an palästinensischen Frauen vornehmen, oder sie werden zu Ausweiskontrollen in der Stadt auf Streife geschickt. Was als Maßnahme zur Verhinderung möglicher Anschläge gedacht ist, erscheint den charakterlich sehr ungleichen Frauen oft als unnötige Schikane oder als lästige Pflicht. Vorrangig sind beide noch immer mit ihren privaten Problemen beschäftigt, müssen die ungewohnte Trennung von ihrer Familie und ihrem Freundeskreis verarbeiten und würden viel lieber in den Einkaufsläden herumstöbern. Eines Tages jedoch explodiert in ihrer Nähe tatsächlich eine Bombe.
Nach Aussage der beiden Regisseurinnen, die mit diesem Film teilweise ihre eigenen Erlebnisse als Soldatinnen verarbeit haben, ist dies der erste Spielfilm, der die Erfahrungen der Frauen beim israelischen Militär zum Thema nimmt.
Close to Home ist eine Coming-of-Age-Geschichte vor dem Hintergrund der politischen Realität Israels im Jahr 2005. Dabei stellen die Regisseurinnen dem Mythos vom Militär als existentieller Grundlage des Staates und dem Anspruch einer permanenten Selbstverteidigung, der sich auf alle Bereiche des Lebens auswirkt, das individuelle Lebensgefühl von Teenagern gegenüber. Diese scheinen unter der paranoiden Situation in der geteilten Stadt Jerusalem, in der sich hinter jedem herrenlosen Gepäckstück nicht ohne Grund ein Sprengsatz vermuten lässt, am meisten zu leiden.
Close to Home ist eine filmische Momentaufnahme aus der Perspektive der beiden Protagonistinnen, wobei die Kamera sie hautnah und zugleich unaufdringlich begleitet und die Ereignisse mitunter auch in der ruhig beobachtenden Distanz der Halbtotalen zeigt. Der im Internationalen Forum der Berlinale 2006 erstmals in Deutschland gezeigte Spielfilm eignet sich gut, um interessierten jungen Menschen hierzulande aus einer ihnen nachvollziehbaren Perspektive etwas über den Alltag Jugendlicher in Israel zu vermitteln und damit dem Nahost-Konflikt eine ungewohnt persönliche Note hinzuzufügen.
Autor/in: Holger Twele, 07.03.2007