Washington D.C., 14. April 1865. Mitten in den Nachwehen des US-amerikanischen Bürgerkriegs wird Abraham Lincoln, im Amt bestätigter Präsident der Vereinigten Staaten, von einem Attentäter erschossen. Sogleich beginnt die Suche nach dem Mörder John Wilkes Booth und seinen mutmaßlichen Komplizen. Auch Mary Surratt, in deren Pension Booth häufiger verkehrte, wird verhaftet und vor ein eilig berufenes Militärgericht gestellt. Zunächst empfindet selbst ihr Verteidiger, der von den Schlachtfeldern heimgekehrte Frederick Aiken, Verachtung für die Angeklagte. Im Lauf des Verfahrens kämpft er jedoch immer entschiedener für seine Mandantin und gegen die Aushöhlung des Rechts im Namen der Staatsräson.
Robert Redford streicht in seiner mittlerweile achten Regiearbeit bewusst die Bezüge zum "War on Terror" der Bush-Administration heraus. Ähnlich wie die Architekten des umstrittenen
Patriot Act rechtfertigt auch Lincolns Kriegsminister Edwin Stanton die Einschränkung der Bürgerrechte durch einen politisch-militärischen Ausnahmezustand. Zudem tragen die Angeklagten Kapuzen, die denen der Guantanamo-Gefangenen ähneln. Stilistisch folgt Redford weitgehend den Gepflogenheiten des Gerichtssaal-Dramas und setzt in der Ausstattung (Kostüm, Bauten, Maske) auf historische Exaktheit. Eine leichte Überbelichtung des Filmmaterials taucht das gesamte Geschehen ins "gleißende" Licht der Vergangenheit.
In erster Linie ist Redfords Aufarbeitung des Attentats und des darauf folgenden Prozesses eine Lehrstunde und eignet sich daher naturgemäß für den Geschichtsunterricht. In diesem Zusammenhang sollte selbstverständlich die fiktionale Aufbereitung und Authentizität historischer Fakten kritisch hinterfragt werden. Doch darüber hinaus wirft der Film zahlreiche Fragen rund um den Gegensatz von Staatsräson und Bürgerrechten auf, die für die Fächer Politik, Ethik und Sozialkunde/Gemeinschaftskunde gleichermaßen geeignet sind. Im Zentrum steht dabei das Problem, welche Maßnahmen (und ob Menschenopfer) in militärischen Ausnahmesituationen gerechtfertigt erscheinen können, und wie sich die demokratische Gesellschaft gegen mögliche Überreaktionen der Staatsorgane schützen kann.
Autor/in: Michael Kohler, 28.09.2011
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