Niemals zuvor durften Filmteams mit der Kamera das Alltagsleben im berühmten Mutterkloster des Karthäuserordens "La Grande Chartreuse" in den französischen Alpen beobachten. Philip Gröning hat viele Jahre auf diesen Moment gewartet, bis er tatsächlich die Erlaubnis dazu bekam. Immerhin zeichnet sich der katholische Orden auch durch seine Abgeschiedenheit von der Welt aus und verlangt von seinen Glaubensbrüdern ein Schweigegelübde, das nur im Gebet und im Gesang aufgehoben ist. Große Selbstdisziplin und Demut war auch von Gröning bei seinem mehrmonatigen Aufenthalt im Kloster gefordert und es dauerte allein schon sechs Wochen, bis er sich mit der Kamera auf der Schulter traute, auch in den Zellen der Klosterbrüder selbst zu drehen. – Entstanden ist ein einzigartiger Film, der in Rhythmus und Bildgestaltung etwas von dem meditativen Leben in diesem Kloster vermittelt, ohne dabei jemals voyeuristisch oder gar aufdringlich zu wirken. Außer dem Gesang der Mönche gibt es keine Musik im Film, keine Interviews, kein zusätzliches Material von außen und keinen Kommentar. Selbst die Glaubensbrüder werden nicht interviewt, sondern einzeln in stummen und daher umso eindringlicheren Porträtaufnahmen vorgestellt. Manche Szenen überraschen, etwa wenn einmal in der Woche das Schweigegelübde aufgehoben ist, die Mönche gemeinsame Ausflüge in die Natur unternehmen und sich dabei ganz normal unterhalten. Seinem Titel und Anspruch wird der überlange Film in vollem Umfang gerecht. Allerdings erfährt man erst reichlich spät etwas über die weltlichen Angelegenheiten des Klosters, das sich weitgehend selbst versorgt. Darüber hinaus mögen dieselben Bildmotive von Nutzen sein, um den sich stets wiederholenden Tagesablauf zu visualisieren, sich inhaltlich wiederholende Schrifteinblendungen dagegen wirken eher störend. Auch wenn der Film den Klosteralltag also nahezu perfekt vermittelt, den meditativen Hintergrund, den metaphysischen Aspekt dieser Art zu leben vermittelt er doch nur in Ansätzen.
Autor/in: Holger Twele, 01.11.2005