Sandra Kaudelka porträtiert vier ehemalige Spitzensportler/innen der DDR. Die SED-Diktatur hatte sie intensiv gefördert aber auch, teilweise gegen ihren Willen, gedrillt und als Repräsentanten/innen des Regimes ausgenutzt. Der Film stellt die Leichtathleten/innen Udo Beyer, Ines Geipel, Marita Koch und die Turmspringerin Brita Baldus vor. Sie erinnern sich an ihre Motivation, den Leistungsdruck, ihre Rekorde, das organisierte Doping und an die Zäsur in ihrer beruflichen Laufbahn nach dem Fall der Mauer. Am schwersten konnte sich Ines Geipel mit der sozialistischen Ideologie arrangieren: Sie scheiterte bei einem Fluchtversuch und musste danach ihre sportliche Karriere aufgeben.
Einzelkämpfer ist ein konventionell inszenierter Dokumentarfilm mit stimmungsvollen
Montagen von Interviews und historischen Archiv- und Propagandabildern des DDR-Fernsehens. Kaudelka hatte in der DDR selbst einmal den Weg zum Leistungssport eingeschlagen. Somit konnte sie gute Einblicke in das Sportsystem der DDR gewinnen. Ihren Gesprächspartnern/innen gibt sie viel Raum zur Reflektion, hält sich selbst aber mit Kommentaren im Hintergrund. Die Protagonisten/innen bewerten das DDR-Sportsystem unterschiedlich und sind somit in der Aufarbeitung ihrer Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes Einzelkämpfer/innen. Wie schwierig sich die Situation der Athleten/innen darstellte, zeigt sich exemplarisch am Beispiel der Läuferin Ines Geipel, die im Jahr 2000 als Nebenklägerin im Prozess gegen das organisierte Dopingsystem der DDR auftrat und sich heute von ihren sportlichen Erfolgen distanziert.
Sportliche Wettkämpfe berühren einen wesentlichen Erfahrungsbereich von Jugendlichen, die beispielsweise an den Bundesjugendspielen teilnehmen.
Einzelkämpfer gibt ihnen einerseits Gelegenheit, die Vereinnahmung von Athleten/innen durch Nationalstaaten zu reflektieren. Darüber hinaus gewinnen sie nuancierte Einblicke in die Lebenswirklichkeiten der DDR. Auch die unterschiedlichen Einstellungen zu sportlichen Erfolgen in Ost- und Westdeutschland während des Kalten Krieges werfen Fragen auf: Wie gelang es der DDR, sich auf olympischen Medaillenspiegeln stets auf den vorderen Rängen zu platzieren? Welche Rolle spielte Doping in der DDR und der BRD? Welche Bedeutung hatte der Sport für die politischen Auseinandersetzungen? Am Beispiel von Marita Koch, die auf einem Parteitag den Sozialismus als Grundlage des "Sportwunders DDR" würdigte, lässt sich zudem die Relevanz von Parteitagen und Paraden erörtern.
Autor/in: Kirsten Liese, 03.10.2013
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