264 Jahre sind die drei Protagonisten dieses Dokumentarfilms zusammen alt. Andrea Schuler und Oliver Ruts erzählen in ruhigem Tempo die Geschichte dreier Männer, deren Freundschaft mehr als ein halbes Jahrhundert überdauert. Der etablierte Geschäftsmann Herbert Hoffmann, der handfeste Seemann Albert Cornelissen und Karlmann Richter, Sohn einer vornehmen Kieler Großbürgersfamilie, haben eines gemeinsam: sie sind von Kopf bis Fuß tätowiert. Ihre zum Teil schon verblassten Hautbilder legen Zeugnis von einem sehr bewegten Leben ab, in dem sie sich als starke, eigenwillige Persönlichkeiten behaupten mussten. Für ihre manchmal späte Entscheidung für eine Existenz jenseits der Konventionen nahmen sie erhebliche Nachteile in Kauf, erfreuen sich aber immer noch an den vielen Bildern auf ihrer inzwischen faltenreichen Haut. In einer Zeit, in der Tattoos auf Solarstudio-gebräunten Bodys als schick und 'in' gelten, wirken die drei Herren fast ein wenig antiquiert, erzählen sie doch von Jahrzehnten, als Tätowierte als sozial Geächtete oder bestenfalls Außenseiter galten. Im Mittelpunkt der geduldigen Beobachtungen steht die mutmaßlich älteste deutsche Tätowierstube, die Hoffmann in den 1960er Jahren in Hamburg eröffnet hat. Das Autoren- und Regieduo begleitet die drei alten Herren mit großer Anteilnahme, schildert liebevoll die Solidarität der Tätowierten im Unterschichtmilieu, verschweigt aber auch nicht das kleinliche Gezänk des sympathischen Trios, das beinahe zur Trennung geführt hätte. Gewöhnungsbedürftig ist die melancholisch-nostalgische Begleitmusik der Schweizer Gruppe "The Dead Brothers" mit ihrem sonderbaren Stilmix von Polka bis Country. Auf der Berlinale 2004 wurde Flammend' Herz mit dem neu geschaffenen Preis "Dialogue en perspective" der Reihe "Perspektive Deutsches Kino" ausgezeichnet.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.10.2004