Afghanistan nach dem Sturz des Taliban-Regimes. Noqreh, eine junge Frau, lebt im vom Krieg weit gehend zerstörten Kabul zusammen mit ihrem gebrechlichen Vater, ihrer Schwägerin Leilomah und deren krankem Kind. Auf der Suche nach einer festen Bleibe zieht die Familie von Provisorium zu Provisorium und hat dabei nicht einmal das Nötigste an Wasser und Nahrung zur Verfügung. Während Noqrehs sehr konservativ eingestellter Vater voller Verzweiflung die "gottlos" gewordene Stadt verlassen möchte, gibt Noqreh ihren Traum an eine bessere Zukunft nicht auf. Heimlich besucht sie eine Schule, denn sie möchte später einmal Präsidentin von Afghanistan werden. – Der erste Film, der nach dem Fall des Taliban-Regimes in Afghanistan gedreht wurde, stammt von der damals 23-jährigen iranischen Filmemacherin Samira Makhmalbaf. Ihr Vater Mohsen hatte 2001, ein Jahr zuvor, mit Reise nach Kandahar die Weltöffentlichkeit mit den Mitteln des Spielfilms auf die desolate Situation in Afghanistan und die Unterdrückung insbesondere der Frauen aufmerksam gemacht. Begleitet wurde Samira bei den Dreharbeiten von ihrer 15-jährigen Schwester Hana, die über die organisatorischen Vorbereitungen und die schwierige Suche nach geeigneten Darstellern/innen für Fünf Uhr am Nachmittag selbst eine viel beachtete Dokumentation gedreht hat ( Joy of Madness ). Auch Samira Makhmalbafs Spielfilm mutet teilweise eher wie eine Dokumentation über den täglichen Überlebenskampf in Kabul und mehr noch über die Angst der Menschen und ihre Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne, alten und neuen Werten, Hoffnung und Verzweiflung an. Mit ihrem ästhetisch wie inhaltlich beeindruckenden Film wollte sie die "falschen Informationen" über Afghanistan korrigieren, die in Politik und Medien verbreitet wurden. Jetzt, da die allgemeine Berichterstattung über dieses Land stark zurückgegangen ist, mag ihr Film über das zeitgeschichtliche Dokument hinaus noch an Symbolkraft gewinnen.
Autor/in: Holger Twele, 01.07.2004