Auf einer abgelegenen iranischen Insel fällt eine Wahlurne vom Himmel. Sie stört die stoische Ruhe der beiden Wachsoldaten, denn kurz darauf taucht eine junge Frau mit dem Boot auf, die sich als eine von der Regierung beauftragte Wahlhelferin vorstellt: Es ist Wahltag! Widerstrebend fährt ein Soldat die Frau mit dem Militärjeep durch die wüstenähnliche Gegend, um Wähler aufzustöbern, statt wie bisher Schmuggler. Die Frau nimmt ihre Aufgabe sehr ernst, doch die potenziellen Wähler/innen haben kein Interesse, kennen oft nicht einmal die Kandidaten, sind entweder zu jung oder können nicht schreiben, fühlen sich gar von der Waffe des Soldaten bedroht, während die Frau vergeblich zu vermitteln sucht, dass es sich um freie, geheime Wahlen handelt. – Ein Road-Movie zum Thema Wahlen ist für sich schon ungewöhnlich. Der iranische Filmemacher Babak Payami hat daraus mit einfachsten filmischen Mitteln und ausschließlich mit Laiendarsteller/innen eine politische Parabel gemacht, die an grimmigem Witz und absurden Situationen kaum zu überbieten ist. Payami will weniger zeigen, wie schwer es mitunter sein kann, "demokratische" Wahlen in abgelegenen Teilen seines Landes durchzuführen, denn was durch die in einfachen Verhältnissen lebende Bevölkerung zunächst wie soziale Rückständigkeit aussieht, wird mehrmals relativiert, beispielsweise durch die Präsenz moderner Technik, die auch dort längst Einzug gehalten hat. Stattdessen ist sein Film ein kulturübergreifendes, zumindest teilweise verallgemeinerbares Sinnbild für unterschiedliche Vorstellungen von gesellschaftlichem Engagement ("Wahlen können nicht alle Probleme lösen!"), die Kluft zwischen Anspruch und Realität und die Bürgerferne vieler Politiker, das angesichts zunehmender Wahlmüdigkeit auch hierzulande zum Nachdenken anregen dürfte.
Autor/in: Holger Twele, 01.10.2003