Chuck Barris ist eine amerikanische Fernsehlegende. In den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts begeisterte er Millionen von Amerikanern mit vielen seiner später auch international erfolgreich übernommenen TV-Shows, darunter "The Gong Show" oder "The Dating Game", die in Deutschland unter dem Titel "Herzblatt" bekannt wurde. Was für viele Glanzpunkte des Entertainments waren, wird von seinen Kritikern auch als der beginnende Niedergang der Fernsehunterhaltung bezeichnet, die sich allein nach Quoten, Sensationen und Voyeurismus am Ungeschick und den Fehlern der anderen orientierte. Nach einem plötzlichen Zusammenbruch zog sich Chuck Barris ins Privatleben zurück und schrieb eine Autobiografie, in der er behauptet, ein Doppelleben als CIA-Agent geführt und als Auftragskiller mehr als 30 Personen ermordet zu haben. – Der beliebte Schauspieler George Clooney hat diese Memoiren in seiner ersten und sehenswerten Regiearbeit verfilmt und zu einer differenzierten Betrachtung des engen Verhältnisses von Showbusiness und Politik gemacht. Wie das Buch bleibt auch Clooneys Film den Beweis für diese Agententätigkeit schuldig, aber das macht die tragikomische Inszenierung nicht weniger spannend und öffnet den gleichermaßen erhellenden wie nostalgisch verklärten Blick auf ein Stück jüngere TV- und Zeitgeschichte, in der es angeblich noch genügte, ein "Dating Game"-Team in feindliche Länder zu entsenden, statt einen Krieg vom Zaun zu brechen. Was Barris in seinen Memoiren den Kick fürs Leben gab, ihn aber auch innerlich zerriss, stellt Clooney im Film als zwei Seiten einer gleichermaßen menschenverachtenden Haltung dar, in der für echte Gefühle oder gar Mitleid kein Platz ist.
Autor/in: Holger Twele, 01.04.2003