Ihrer Eheprobleme wegen sucht Anna einen Psychiater auf. Durch eine Verwechslung landet sie jedoch bei dem leicht gehemmten Finanzberater William Faber, dessen Kanzlei sich genau am anderen Ende des Flures befindet. Faber bemerkt den Irrtum der geheimnisvollen Frau zunächst nicht und da Anna ihm als vermeintlichem Fachmann gleich sehr freimütig ihre intimsten Geheimnisse anvertraut, bringt er es später nicht mehr fertig, ihr die Wahrheit zu sagen. Nach jeder weiteren der inzwischen ritualisierten Sitzungen kommen sich die beiden näher und die Grenzen zwischen vermeintlichem Arzt und möglicher Patientin beginnen zu verschwimmen. – 15 Jahre nach seinem internationalen Erfolg mit Die Verlobung des Monsieur Hire hat Patrice Leconte wieder mit der gleichen Hauptdarstellerin Sandrine Bonnaire zusammengearbeitet und das Thema des männlichen Voyeurismus variiert und weiterentwickelt. Schein und Sein, das halb bewusste Spiel mit verschiedenen sozialen Rollen und Erwartungshaltungen verdichten sich hier zu einer so intelligenten wie humorvollen Komödie über die Freiheit des Menschen und die Möglichkeit der Überwindung äußerlich scheinbar vorbestimmter Lebensbahnen. Vertrauen und die Fähigkeit, dem anderen zuzuhören, stellt der Film als wesentlichen und jeder Fachkompetenz weit überlegenen Motor menschlicher Entwicklung heraus.
Autor/in: Holger Twele, 01.12.2004