Der Vietnamkriegsveteran Paul wittert nach den Anschlägen vom 11. September 2001 überall nur noch Gefahren. Vor allem in arabisch aussehenden Fremden sieht er eine potenzielle Bedrohung. Mit seinem technisch aufgerüsteten Kleinbus ist Paul Tag und Nacht unterwegs, um die von ihm als solche identifizierten "Verdächtigen" zu überwachen und zu einem möglichen Retter seines Vaterlandes zu werden. Unterdessen kehrt Pauls Nichte nach dem Tod ihrer Mutter nach vielen Jahren im Ausland wieder in die Heimat zurück und arbeitet in einer New Yorker Suppenküche für die Armen. Paul verleugnet sich ihr gegenüber zunächst, nimmt dann aber ihre Hilfe an, nachdem ein von ihm verdächtigter Ausländer auf offener Straße erschossen wird. Für Paul ist der Vorfall das eindeutige Zeichen einer Verschwörung, Lana hingegen möchte dem Fremden einfach nur ein ordentliches Begräbnis ermöglichen. In einem öde wirkenden Ort inmitten der Wüste werden die gegensätzlichen Weltsichten von Onkel und Nichte auf die Probe gestellt. – Wenders zeigt in seinem neuen Film die Schattenseiten der superreichen USA mit desolaten Wohngegenden, den Slums der Armen, Obdachlosen auf den Straßen und den privaten Initiativen überlassenen Versuch, dem armen Teil der Bevölkerung in einem Land des Überflusses zu helfen. Sieht man den Film allein auf dieser realistisch wirkenden Ebene, wirkt die eingeflochtene Handlung schnell konstruiert, weist Längen und andere dramaturgische Schwächen auf. Wenders' Film erscheint vielschichtiger, wenn man den Versuch unternimmt, ihn mehr als inneren Dialog zwischen zwei gegensätzlichen Weltsichten, als poetische, mit Bildern und Tönen geführte Annäherung an ein traumatisiertes Land zu interpretieren, das in ständiger Angst gehalten wird und die äußere Realität nur noch einseitig wie durch einen starken Filter sehen kann. Paul und Lana können dann wie zwei von sehr unterschiedlichen Erfahrungen geprägte Menschen wirken, die beide auf ihre Weise dem Heimatland helfen möchten und zunächst gar nicht verstehen, dass es mit derselben Berechtigung auch eine ganz andere Betrachtung und Bewertung der äußeren Realität geben kann. So wie die Armut durch den ins Auge springenden Überfluss leicht aus dem Blickfeld gerät, verhindert auch das bloße Gefühl der Bedrohung jede Mitmenschlichkeit und Toleranz gegenüber dem Fremden. Bei allen Schwächen macht dies den Film auch sehenswert.
Autor/in: Holger Twele, 01.10.2004