Der neunjährige Frankie kann nicht sprechen und hat kaum Freunde. Denn alle paar Monate wechselt er mit seiner allein erziehenden, sehr um ihr Kind bemühten Mutter Lizzie den Wohnort. Wie man erst später erfährt, liegt der Grund in Frankies gewalttätigem Vater, der für Frankies Behinderung verantwortlich ist und seiner Frau und dem Jungen noch Jahre nach der Trennung nachspürt. Das verursacht bei der zurückgezogen lebenden Lizzie Albträume. Um ihren Sohn vor diesem brutalen Vater zu schützen, hat sie einen guten Vater erfunden, der aber in fernen Weltmeeren auf einem namentlich benannten Schiff arbeitet und den Kontakt mit seinem Sohn durch regelmäßig beantwortete Briefe hält. Mit dieser Lüge erfährt die Mutter als Ghostwriterin dieser Briefe, was ihren Sohn wirklich bewegt und wie sehr er sich wünscht, endlich seinem Vater zu begegnen. Als das betreffende Schiff zufällig tatsächlich einmal im Hafen der nordenglischen Stadt einläuft, ist Frankie außer sich vor Freunde und hofft, nun endlich seinen Vater kennen zu lernen. Lizzie bringt es nicht über das Herz, ihren Sohn zu enttäuschen. Mit Hilfe eines flüchtigen Bekannten ihrer Freundin möchte sie einen Tag lang für leibhaftigen Vaterersatz sorgen. Die Sache funktioniert, doch nach anfänglichem Widerstand verliebt sich Lizzie in den geheimnisvollen Fremden, der so perfekt den Vater spielt. – Das Spielfilmdebüt der britischen Fotografin Shona Auerbach ist voll von warmherzigem Humor und leiser Situationskomik. Halb Sozialdrama, halb Verwechslungskomödie erzählt sie ohne viele Worte, vielmehr mit aussagekräftigen Bildkompositionen die Geschichte einer traumatisierten Familie und die mögliche Chance eines Neuanfangs, ohne in Klischees zu verfallen oder ein vorhersehbares Happy End zu liefern. Das gelingt, weil die Zuschauenden wie Frankie zwar vieles ahnen, über die wahren Zusammenhänge aber lange Zeit im Unklaren gehalten werden. Als Film für die ganze Familie konzipiert, nähert sich die Regisseurin behutsam dem oft noch tabuisierten Thema der Gewalt in der Familie und lässt das Publikum entscheiden, ob Vergebung auch in diesem Bereich möglich ist und ob Lizzie in allen Punkten richtig handelt, wenn sie ihr Kind mit Lügenkonstruktionen vor der Wahrheit schützen möchte.
Autor/in: Holger Twele, 01.04.2005