Mit mehr als zwanzig Millionen verkauften Büchern gehört Michael Ende zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegszeit. Allein sein berühmter Märchenroman "Momo" erreichte in Deutschland eine Auflage von mehr als drei Millionen Stück. Nachdem Johannes Schaaf die Abenteuer des sympathischen Wuschelkopfs 1985 als Realspielfilm adaptiert hatte, verfilmte der italienische Regisseur Enzo D'Alò den Roman nun als Zeichentrickfilm, der mit 75 Minuten auch das Aufnahmevermögen kleinerer Kinder nicht überfordert. Im Mittelpunkt steht das Waisenmädchen Momo, das bei allen Bewohnern einer kleinen italienischen Stadt sehr beliebt ist. Als eines Tages seltsame "Graue Herren" beginnen, den Menschen ihre Zeit zu stehlen, hat niemand mehr Zeit für ein freundliches Wort. Nur Momo und ihre weise Schildkröte Kassiopeia können die Welt noch vor den bösen Zeitsammlern retten. Sie machen sich auf den Weg zum Reich von Meister Hora, dem Hüter der menschlichen Zeit. Er weist sie in das Geheimnis der Stundenblumen und der Zeit ein. – D'Alò kontrastiert die Farbenpracht des italienischen Ambientes wirkungsvoll mit der hektisch-grauen Welt der Zeitdiebe. Während die tapfere kleine Momo mit ihren Kulleraugen und dem übergroßen Mantel die Herzen der jungen Zuschauer im Handumdrehen erobern dürfte, können sich Erwachsene an der fantasievollen Reflexion über das Phänomen der Zeit ergötzen, das unseren postindustriellen Lebensalltag beherrscht. Die philosophischen Erörterungen über den Zusammenhang von Zeit und Macht werden unaufdringlich und dramaturgisch geschickt in die Handlung eingebettet.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.01.2002