Lisas kleiner Bruder Paul ist todkrank: Der Sechsjährige leidet an der seltenen Mondscheinkrankheit, einer genetisch bedingten Hauterkrankung, bei der durch Einwirkung von Sonnenlicht Krebs entsteht. Das Zusammenleben der Geschwister und ihrer allein erziehenden Mutter läuft deswegen anders als in den meisten Familien ab: Zum Beispiel sind die Wohnungsfenster mit dunkler UV-Schutzfolie beklebt und Ausflüge auf den Spielplatz finden erst nach Sonnenuntergang statt. Um ihrem Bruder zu helfen, denkt sich die zwölfjährige Lisa eine Fantasiewelt aus, in der Paul als Astronaut von einem weit entfernten Stern auf der Erde notlanden musste und nun von den gefährlichen Lichtstrahlen der Sonne bedroht ist. Gemeinsam träumen sich die Geschwister auf fremde Planeten und erleben dort Abenteuer. In der realen Welt hat Lisa niemanden, mit dem sie über ihre schwierige Situation und die schlimme Krankheit ihres Bruders sprechen kann. Ihre Mitschülerinnen hänseln sie und verbreiten wilde Gerüchte über sie und ihr Zuhause. Als sich Lisa in ihren weltraumbegeisterten Klassenkameraden Simon verliebt, den sie zunächst nicht in ihr Geheimnis einweiht, wird es noch komplizierter: Paul reagiert mit zorniger Eifersucht, weil Lisa nicht mehr allein für ihn da ist, und sie selbst befindet sich in einem Dilemma. "Ist es schlimm, wenn ich glücklich bin, während Paul krank ist?", fragt sie Pauls Arzt. In ihrer Not vertraut sie sich schließlich Simon an, der ihr hilft, den sterbenskranken Paul bis zu seinem Tod zu begleiten.
Einfühlsam beschreibt der Film Lisas Bedrängnis zwischen der Liebe zu ihrem Bruder, der sich die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Schwester wünscht, und dem neuen aufregenden Gefühl der ersten Verliebtheit.
Mondscheinkinder greift auf einige herkömmliche Darstellungsmittel zurück, um die Geschichte des schwerkranken Paul gefühlsbetont zu erzählen: Der Score ist (fast zu) mitreißend-dramatisch und die Empfindungen der Protagonisten/innen werden durch Groß- und Naheinstellungen hervorgehoben. Zugleich wirken die Figuren und ihre Handlungen nicht schablonenhaft oder realitätsfern. Das liegt vor allem daran, dass der Film nicht scheinheilig für Mitgefühl plädiert, sondern differenziert darstellt, wie die Übernahme von Verantwortung ein Austarieren zwischen der Sorge um andere und der Sorge um sich notwendig macht. Mit den ausgedachten Abenteuern im Weltraum finden die Geschwister einen ganz eigenen Umgang mit Pauls Krankheit. Ihre Fantasiereisen sind mit wunderschönen 2D- Animations-Sequenzen umgesetzt. Auch der Tod von Paul wird zunächst metaphorisch in einer Animation dargestellt: Der Astronaut bricht zu seinem Heimatplaneten auf. Hier besteht für Jüngere ein geeigneter Zugang, um über Krankheit und den Tod zu sprechen.
Autor/in: Inga Koehler, 13.11.2006